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In den Diskussionen um eine nicht kapitalistische Produktionsweise wird immer wieder die Open Source- oder Free Software-Bewegung genannt, z.B. GNU/Linux und das ganze Drumherum. Hier sind tatsächlich höchst komplexe Strukturen und Produkte entstanden, ohne dass die Produzierenden dafür Geld bekommen haben, haben wollen, sonstwie davon leben können oder auch nur die Erwartung hegen dürfen, für ihre Leistung irgendwann einmal materiell entlohnt zu werden. Geschweige denn wäre das Recht an Programmcode eine Lizenz zum Gelddrucken wie bei der Konkurrenz unterm Kapital.

Lassen wir das “irgendwie davon Leben Können” einmal außen vor, denn es macht die Sache durchaus leichter, dass man davon auch nicht leben muss. Dennoch liegen die Motive und Tugenden, die zur einer Mitarbeit an solchen Projekten führen, jenseits kapitalistischer Lohn- und Belohnungsstrukturen. Der Lohn besteht im Großen und Ganzen im Erfolgserlebnis, dass etwas funktioniert und der Bildung, die man dabei erfährt. Man lernt etwas. Das wiederum kann man natürlich ggf. auch in Bares ummünzen, am Rande von Open Source finden sich überdies auch Übergänge zu kapitalistischer Verwertung; so manches freie Projekt wurde irgendwann zu Geld gemacht, aber diese Aussicht spielt bei der Entwicklung im allgemeinen keine Rolle.

Das Beispiel taugt in vielerlei Hinsicht nicht zur Übertragung auf andere Produktionsprozesse, schon gar nicht auf einen kompletten Gesellschaftsentwurf. Dessen muss man sich gewahr werden, vor allem wenn man lernen will, was aus Open Source durchaus zu lernen ist. Da wäre zunächst der vollständig modulare Aufbau von Software. Niemand muss ein komplettes Programm oder Betriebssystem entwerfen. Es gibt Schnittstellen, an die Software andocken kann und muss. Auf diese Weise kann in beliebigem Umfang Arbeit geleistet werden, ganz simpel oder sehr komplex. Dies leistet im Kapitalismus sonst das Geld.

Nerd for Noob

Man kann außerdem am Rechner oft unmittelbar ausprobieren, ob und wie etwas funktioniert, vor allem wenn es nicht funktioniert. Es braucht für das Feedback keine Kunden, Kollegen oder Aktionäre, sondern einen Rechner. Daher kann jeder seine Idee in ein bestehendes System einpflanzen und sich anschauen, was passiert. Im offenen Feldversuch, zumal wenn das tägliche Brot davon abhängt, ist das nicht möglich.

Leider sieht das dann auch oft genau so aus. Jemand frickelt sich etwas, das für ihn ein Problem löst oder eine Weiterentwicklung bedeutet, andere können damit aber ggf. absolut nichts anfangen; für sie ist die Veränderung womöglich sogar schädlich. Hier stoßen wir dann ganz schnell an die Grenzen dieser Produktionsweise, die teils noch weniger Sozialkompetenz aufweist als die Maloche für Geld. Höchst interessant wäre hier ein Blick auf die Prozesse, in denen aus Einzelleistungen dann doch etwas gemeinsam Nutzbares wird.

An der Schwelle zum sozialen Produkt könnte sich sehr viel mehr tun, nicht zuletzt ausgerechnet durch etwas mehr Marktfähigkeit. So wäre es ein Segen, gäbe es stabile Kooperationen von Programmierern und Hardwareherstellern; das kann zur Not auch einseitig besorgt werden. Am Ende gäbe es dann z.B. eine Liste von Hardware, die sicher mit einer Linux-Distibution läuft, bedienbar auch für Noobs und fertig zum Einstöpseln. Das wäre Service für den unbekannten Technikspacko, eine wahre Herausforderung für Nerds. Vielleicht markieren solche Beispiele die Grenzen des Vorbildcharakters von Open Source.

p.s.:

Persönlich möchte ich dann noch am äußersten Rand dieses Themas eine Frage aufwerfen, die mir ein Mysterium ist. Es gibt reichlich alte kultige Spiele, die auch ohne DirectX oder anderen Schnickschnack laufen. Kein Mensch braucht die neuesten Graphikengines, es tut der Spielidee keinerlei Abbruch, wenn man auf ältere Engines zurückgreift und z.b. OpenGl nutzt. Wieso ist bis heute keine Infrastruktur für Linux-Spiele entstanden, ja kaum etwas entstanden, dass die Idee höher schätzt als die Schatten der Gesichtspickel irgendwelcher Figürkes? Oder hab’ ich da was verpasst? Sind Programmierer anwesend?