Umfragen! Wer braucht Umfragen, außer jemand, der auf tumbste Art und Weise manipulieren will – ich meine hier nicht vorrangig durch manipulative Fragetechnik, die Auswahl der Fragen oder eine tendenziöse Auswertung; ich meine durch die schiere Existenz der Umfrage. Klingt komisch? Ist aber so, und zwar ungefähr deswegen:

Man stelle sich vor, jemand zeichnete eine Schatzkarte. Diese Schatzkarte wird über Jahrhunderte kopiert, geht vielleicht einmal verloren, wird rekonstruiert, wieder und wieder kopiert. Es wird aber nie gefragt, ob jemals ein Schatz dort vergraben wurde, wo sie hinführt. Immer wieder wird darüber gefachsimpelt, was die Karte darstellt, welche Gegend aus welcher Richtung, ob sie richtig kopiert wurde, wo Fehler liegen könnten, wer dafür verantwortlich ist … Aber nie kommt jemand auf die Idee, dass man den Schatz nicht findet, weil er nie da war.

So ungefähr ist das auch mit Umfragen und den sogenannten “Meinungen”, die sich nie jemand gebildet hat, die aber ständig vermeintlich eingeholt werden. Es sind ‘Meinungen’ über Meinungen über Meinungen, Vermutungen über das, was andere denken, denen man es gleichtun will, am Ende Umfragen über Umfragen, denn die ‘Ergebnisse’ von Umfragen gehören zu den wichtigsten ‘Informationen’, an denen sich ‘Meinungsbildung’ orientiert. “Was denken die anderen?”, davon will niemand zu weit abweichen.

Das will ich auch denken

Wenn also heute gemeinungsumfragt wird, ob sich jemand “durch die NSA bedroht fühlt”, ist das so unendlich leer, dass es gar nicht interessieren könnte, was dabei herumkam, entstünde nicht genau so die Meinung, der sich anzuschließen die Leserschaft damit aufgefordert wird. Quintessenz: Die NSA bedroht niemanden. Das muss man nur in ein paar Tagen oder Wochen wieder abfragen, und schon ist es wahr.

Wer die NSA eigentlich ist, was sie macht, in welchem Maße, von wem beauftragt, wie kontrolliert, zu welchem Zweck, mit welchem Ziel und welchen Folgen – wie viele der Befragten haben davon auch nur den blassesten Schimmer? Und wenn es klar ist, dass “quasi keiner” die richtige Antwort ist, was soll dann eine solche Umfrage wohl?

Nun ja, das Ganze spielt sich ab in einer Gesellschaft, in der sich die große Mehrheit als “unpolitisch” bezeichnet, schlimmer noch angibt, “nicht viel von Politik” zu verstehen. Es scheint aber, das nämlich ist des Pudels Kern, der Publizistik jener Umfrageritis schon unproblematisch, dass in ihrer “Demokratie” sich niemand für Politik interessiert. Wer in solcher Bewusstlosigkeit Begriffe bildet, kann genauso gut ein paar Zahlen ausmurmeln. Die Ziehung der Lottozahlen trifft bekanntlich auch auf großes allgemeines Interesse.