Eine der abstrusesten Konstruktionen aus dem Wahnarsenal der Nazis war die “jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung”. Ausgerechnet die als boshafte Kapitalisten verteufelten Juden sollten mit den erbitterten Feinden des Kapitalismus unter einer Decke stecken. Das ist so irre, dass man es daher schon nicht widerlegen kann. Es beinhaltet dabei die Elemente jener projektiven Verschwörungstheorien, wie sie zumeist in der paranoiden Welt der Geheimdienste ausgeheckt und von autoritären Regimes genutzt werden. Meist ist nicht so explizit von “Verschwörung” die Rede, heute wäre das auch zu entlarvend. Dass man dem Feind alles Böse unterstellt, ist natürlich Programm, und dafür kann es – jenseits aller Vernunft – auch nicht schaden, wenn man sich aller Extreme gleichzeitig bedient.
“Jüdisch” steht hier implizit natürlich auch für die “Hochfinanz”, aber eben erstrangig für die ‘Rasse’. Diese hat den Vorteil, dass man sich nicht lange mit Strategien zur Umerziehung oder Einflussnahme befassen muss. Wenn es ihnen im Blut liegt, muss das eben fließen. Die müssen weg, ob per Ausweisung, Ausgrenzung oder Vernichtung. Der “Bolschewismus”, auch als “Kommunismus” tauglich, bietet wiederum den Vorteil, dass man den auch jenen vorwerfen kann, die nicht qua Geburt und Rasse Schädlinge sind. Man könnte sich sonst der anderen Feinde ja nicht entledigen.
Zwischen Rasse und verwerflicher politischer Überzeugung kann man dann herrlich Pingpong spielen, dem Kommunisten nachweisen, dass er obendrein ein Jude ist, dem Juden, er sei Kommunist. Grundsätzlich geht das auch mit schwul, pervers, asozial, aber im handlichen Gebrauch durch die autoritäre Staatsmacht hat sich vor allem die Kombination Rasse/Kommunismus als erfolgreich erwiesen. Vor allem deshalb, ist anzunehmen, weil sie eben alle Ressourcen für ein paranoides Weltbild vorhält und gleichzeitig die Angst vor dem Fremden zu nutzen weiß.
Jüdisch-bolschewistische Verschwörung
Burks hat heute ein gutes Beispiel dafür ausgegraben: Die Versuche, Martin Luther King zum Kommunisten zu stempeln:
“Wir müssen ihn jetzt, soweit wir es noch nicht getan haben, als den für die Zukunft in diesem Lande gefährlichsten Neger betrachten in bezug auf Kommunismus, den Neger und die nationale Sicherheit.”
(We must mark him now, if we have not done so before, as the most dangerous Negro of the future in this Nation from the standpoint of communism, the Negro and national security.).
Hoovers FBI, das ich hier als Geheimdienst betrachte, hat jahrelang versucht, King oder den “Negern” allgemein eine Nähe zu den teuflischen Kommunisten anzudichten. Wo das nicht gelang, musste halt intensiver gesucht werden, noch wachsamer beobachtet und neueste Entwicklungen darauf überprüft werden. Das zeugt davon, dass man dort ernst meinte, was man mit einem halben Schritt Abstand schon als zwanghaft erkennt. Aber es ging ja, wie immer, um das hehre Ziel der “nationalen Sicherheit”, da kann man nicht wachsam genug sein.
Die Nähe deutscher Geheimdienste zu den Nazis, die rassistische Einstellung der ‘Sicherheitsdienste’ versteht sich, wenn man das absurde Bild eines geheim operierenden Terrors mit der Notwendigkeit zur wahnhaften Konstruktion erklärt. Terror ist das Öffentlichste, das man sich nur vorstellen kann, er soll einschüchtern, ängstigen, dafür sorgen, dass man sich ständig unsicher fühlt. Das wird man wohl kaum bewerkstelligen, wenn man jahrzehntelang nur Videobotschaften an die eigenen Getreuen schickt. Das aber ist schon mehr als die ‘Dienste’ in der Regel haben, wenn sie warnen, Alarmstufen ausrufen und damit ihrerseits den Terror ausüben, der ansonsten ein Hirngespinst ist.
Dieses Hirngespinst bedarf der fremden Macht, Betonung auf “fremd”. Fremde Sprache, fremde Rasse, fremde Religion, fremdartiges Aussehen. Am besten man versteht absolut nichts von dem ganzen Spuk, dann ist der Grusel am größten. Wenn die ‘Sicherheit’ dann ausgerechnet vom Bekanntesten und Nationalsten – dem “NSU” und seinen V-Leuten – gefährdet wird, und zwar die Sicherheit der Fremden, steht diese Welt Kopf. Das kann dort kein Mensch brauchen, dass man selbst die Gefahr ist und das Fremde das Opfer. Die Tat kann einem noch so sympathisch sein, sie muss mit allen Mitteln vertuscht werden.
Islamistisch-sozialistischer Terror
Am Ende steht das Absurde selbst: Die totale Überwachung der Bevölkerung. Dies hat selbstverständlich völlig andere Ziele, wird aber ernsthaft mit einem “Terrornetzwerk al Qaida” begründet, das in der Realität überhaupt nicht existiert. Wenn das, was sich bis heute so nannte, ein “Netzwerk ist”, dann ist alles und nichts ein Netzwerk. Ein “Netzwerk” mit einem Chef und “Managern” ist indes die Märchenstunde für den entmündigten Plebs.
Was aber wäre das “Fremde”, wenn es keine bösen Gesichter hätte und die Macht einer weltumspannenden Organisation? Jüdisch-bolschewistisch, islamistisch-sozialistisch – man wird noch erleben, dass letztere Kombination heraufbeschworen wird. Es wäre genau das, was der autoritäre Kapitalismus braucht, und ich bin eher überrascht, dass diese Option noch nicht gezogen wurde.
Schließlich sei noch hingewiesen auf das, was man vielleicht zu verbergen hat: Hoovers FBI hat versucht, Martin Luther King zum Selbstmord zu drängen, der sei sein letzter Ausweg, weil sie ihm eine Affäre nachweisen könnten und seine Frau unterrichtet hätten. Die Lehre daraus ist eben, dass es genau darum geht: Die Geheimnispolizei kann jederzeit jeden erpressen. Dazu kann und wird sie aus dem riesigen Fundus an Informationen schöpfen, diese nach Belieben auslegen und selbst welche hinzufügen. Aber wir sind ja keine Negerführer, was können sie uns schon wollen?
August 11th, 2013 at 18:31
Ausgerechnet die als boshafte Kapitalisten verteufelten Juden sollten mit den erbitterten Feinden des Kapitalismus unter einer Decke stecken. Das ist so irre, dass man es daher schon nicht widerlegen kann.
Die ‘Auswüchse’ der Hochfinanz erdrücken und erwürgen die ‘gute’ Realökonomie, den ‘guten’ Kapitalismus, der uns doch die Steigerung des materiellen Wohlstands gebracht hat – und auch weiterhin bringen würde, wenn die ‘Finanzbanditen’ es nur zuließen. Statt aus ehrlicher Arbeit ehrlichen Gewinn zu ziehen, versuchen diese mit gaunerischen Tricks, alles Eigentum an sich zu bringen und den Rest der Menschheit über Renten, Mieten und Abgaben aller Art in einen neuen Feudalismus zu zwingen. Und dasselbe Ziel verfolgen doch auch die Kommunisten, die sich als Herrscherklasse über einem grauen Einheitsbrei von zwangsausgebeuteten Arbeitssklaven installieren wollen, die noch nicht einmal überhaupt einen Lohn erhalten, von einem auch nur ansatzweise ‘gerechten’ ganz zu schweigen. Das Ziel eint sie, auch wenn sie sich – und das doch auch nur an der Oberfläche – ganz anderer Mittel bedienen. Und treffen sich etwa nicht Goldman-Sachs-Leute auch immer wieder mit Chinesen…?
Schande über mich – aber geht nicht so diese ‘Erzählung’?
August 11th, 2013 at 18:34
Kann gar nicht …
August 11th, 2013 at 18:46
“Hoovers FBI hat versucht, Martin Luther King zum Selbstmord zu drängen, der sei sein letzter Ausweg, weil sie ihm Affäre nachweisen könnten und seine Frau unterrichtet hätten. Die Lehre daraus ist eben, dass es genau darum geht: Die Geheimnispolizei kann jederzeit jeden erpressen. Dazu kann und wird sie aus dem riesigen Fundus am Informationen schöpfen, diese nach Belieben auslegen.”
Das ist die meiner Ansicht nach die beste Argumentationsweise gegen diese Art von Überwachung.
Das kann durchaus auch beim nur mäßig interessierten Normalbürger verfangen.
Wenn es da noch gut aufgeklärte Fälle aus der BRD Geschichte geben sollte, wäre das natürlich noch besser.
August 11th, 2013 at 18:48
Wo ist Horst Horstmann ;-)
August 11th, 2013 at 19:51
Jetzt hauen sie raus, wieviel zwölfundsechzig Anschläge der BND angeblich verhindert hätte (ARD). Das ist so eine widerlich bescheurte, verlogene Scheiße, dass man jedem in die Fresse hauen möchte, der diesen Schwachsinn verbreitet.
August 11th, 2013 at 19:51
»…Das ist die meiner Ansicht nach die beste Argumentationsweise gegen diese Art von Überwachung…«
@3. Mir: Ach was. Das war doch der böse Herr Hoover. Heutige Beamte und Militärs sind doch alles lupenreine Demokraten und die halten sich ans Gesetz, wie unsere und amerikanische Politiker stets betonen. Und wenn´s doch mal überzogen wird, dann nur zum Schutz gegen Kinderschänderterrosristenraubkopiererfalschparker und das sieht man doch gern ein. Oder man macht schnell ein Gesetz damit wieder alles legal ist. So wäre z.B. ein großer Teil der illegalen Parteienfinanzierung der 80er und 90er heute vollkommen legal. Die durchgeknallten Finanzmärkte sind erst durchgeknallt als ihre Fantasieprodukte unter Herrn Schröder legal wurden und die Menschenwürde wurde durch die Agenda 2010 getreu dem Buchstaben des Gesetzes in den Dreck getreten. Abgeordnetenbestechung ist legal, Verletzung der Privatsphäre und Datensammlung von privatwirtschaftlichen und behördlichen Stellen auch. Und wenn gar nichts mehr geht, dann gibt´s irgendwelche geheimen Vereinbarungen, die man leider, leider nicht öffentlich machen kann oder eine durch die Hintertür der EU gepresste Verordnung.
Unglückliche Einzelfälle sind ohnehin Ausnahmen und bestätigen die Regel.
Du meinst, diese Denkweise sei Untertanentum und Kadavergehorsam? Richtig, aber das ist es, was die meisten braven Bürger unter Demokratie verstehen.
So lange das aber die herrschende Meinung ist (und das ist sie, egal, was wir versprengtes Häuflein hier so palavern) bin ich eben kein Demokrat. Schließlich ist meine Meinung eben offensichtlich nicht mehrheitsfähig und wer bin ich, diese Meinung in einem längst zum Stillstand gekommenen parlamentarischen Prozess zermahlen zu lassen.
Wenn man mit Walmart nicht konkurrieren kann indem man ein Geschäft aufmacht (das können die besser), sondern gerade dadurch indem man kein Geschäft aufmacht sondern neue Wege des Handels und Tauschs findet,
kann man eine erstarrte Demokratie nicht erweichen, indem man demokratische Strukturen nutzt. Ein wenig ziviler Ungehorsam, Eigenproduktion und Konsumverweigerung scheinen mir schon mal ein guter Anfang. Ein wenig Respektlosigkeit und Selbstbewußtsein gegenüber dem auch von mir bezahlten Apparat sind auch nicht schlecht. Bis das Gesamtmodell in meinem Kopf steht, dauert es noch ein wenig, aber ich glaube mich und uns auf einem guten Weg. Bis dahin vergesst das, was heute Demokratie genannt wird. Das können die besser.
@flatter: “Negerführer!” Habe ich gerade auch mal getippt. Als dereinst politisch korrekt sozialisierter Bürger, ein bis heute nicht einfach zu tippendes Wort. ;-)
@5. flatter: Mediengeschwätz. Im WDR Radio wurde gestern noch gemeldet, dass selbst netzpolitik.org die neue Sicherheit der deutschen e-Mail begrüße. Dass in dem erwähnten Artikel bei netzpolitik.org der ganze Hype als Marketingmaßnahme entlarvt wurde, ist den durch Zwangsgebühren alimentierten Qualitätsjournalisten irgendwie entgangen.
August 11th, 2013 at 20:25
@5:
Die Sache mit dem Druckkochtopf in den Staaten.
Männer, dunkel gekleidet in dunklen Fahrzeugen fahren vor, zeigen ihren geheimen Geheimdienstausweis, stellen komische Fragen und dann stellt sich heraus – alles harmlos. Daraus wird dann, welch Wunder, ein verhinderter Anschlag. Doing. Jetzt noch schnell händchenklatschende Bürger: Wir wollen überwacht werden. Na endlich.
Diese Überwachungsfanatiker brauchen nicht den Hauch eines Beweises. Es reicht, einfach nur Angst zu verbreiten und schon klappt das mit den neuen Anti-Bürgergesetzen.
Wi-der-lich.
Ja, der WDR mal wieder. Gucke ich schon lange nicht mehr. Verzerrt mein Weltbild. Blöd auch, da ich auf der TV-Glotze keine Kommentare reinschreiben kann. Echt doof.
August 11th, 2013 at 20:38
in den tagebüchern von victor klemperer wird das wiederholt erwähnt: die nazis sprachen des öfteren von der bolschewistischen gefahr, vor der nur sie das deutsche volk effektiv schützen könnten.
Irgendwie erinnert mich aber das ganze heute an die methode der mafia, schutzgeld zu erpressen.
die gefahr, vor der sie schützen, sind sie selber.
August 12th, 2013 at 08:24
Wenn man auf markt-liberalen Blogs die bestehende Ordnung hinterfragt wird man schnell von Sozialisten oder Kommunisten abgestempelt. In meinen Augen ist das eines der größten Todschlagargumente überhaupt. Der Sozialismus hat gegen den Kapitalismus verloren und darum braucht man sich dieses System nicht mehr anzusehen. Es wird nirgendwo differenziert, es werden keine Ursachen untersucht, es wird einfach als gegeben hingenommen. Unsere liberale offene Demokratie ist allem anderen überlegen.
Sie brauchte nicht zu dopen (hmm), braucht keine Propaganda (wie war das mit dem Wirtschaftswunder), ist kein Überwachungsstaat (naja), es gibt Reisefreiheit (auch als Arbeitsloser?), Meinungsfreiheit (ja Frau Hannemann auch sie haben nichts zu befürchten und werden mit offenen Armen empfangen, wenn sie Ungerechtigkeiten aufklären), man wird nicht ohn Gerichtsverfahren weggesperrt (ja Herr Kurnaz das gilt auch für sie), es gibt keine korrupten Eliten an der Spitze die sich bereichern (hallo Herr Hoeneß), man wird an der innerdeutschen Grenze nicht erschossen (naja die gibt es nicht mehr).
August 12th, 2013 at 09:08
“Die Geheimnispolizei kann jederzeit jeden erpressen. Dazu kann und wird sie aus dem riesigen Fundus an Informationen schöpfen, diese nach Belieben auslegen und selbst welche hinzufügen.”
ich glaube, das ist der kernsatz: somit ist nämlich politik nur noch möglich in dem korridor, der von den geheimdiensten zugestanden wird. jeder der anderes anstrebt, fällt wegen nachgewiesener vergehen mittelfristig raus. da sich das rumsprechen wird unter potentiellem ‘führungspersonal’ wird dieses sein glück auf anderer ebene suchen. fett schwimmt immer oben, aber diese art von überwachung führt systemisch in ein failed state: die einzige gruppe der man vertrauen kann ist max. wie groß? 50 leute? 15? also familien-/clanstrukturen(abgesehen von ‘auch du mein sohn brutus’). aber wie will man angesichts das JEDER JEDERZEIT 100% erpressbar wird strukturen wie staaten etc. aufrechterhalten? hurra, feudale clanstrukturen. ist der gedanke nachvollziehbar? ich trag ihn schon ein paar tage mit mir herum, aber man kommt ja zu nix ;)
August 12th, 2013 at 12:02
chinesische neger werden zusammen mit den sozialistischen islamisten eine immer grössere gefahr für den weltfrieden werden und auch vor der vernichtung der freiheitlichen friedliebenden westlichen demokratien nicht zurückschrecken.
weia.
August 12th, 2013 at 12:04
Am 28. August 2013 ist der 50. Jahrestag der “I have a dream” – Rede von King. Da werden wir wieder eine unvergleichliche Geschichtsklittung in unseren Massenmedien erleben. Ganz so, als hätten die politisch Verantwortlichen damals stets hinter ihm gestanden (z.B. Kennedy). Und mit Obama als schwarzen Präsidenten heute ist sein Traum doch auch Wirklichkeit geworden, oder?
King ging es nicht nur um die Schwarzen, er war auch gegen den Vietnamkrieg und gegen ungerechte Eigentumsverhältnisse. In den Augen der Politiker damals war er ein Störenfried. Davon werden wir am 28. August freilich nichts zu lesen bekommen.
August 12th, 2013 at 12:20
Ein toter Neger ist halt auch schon mal ein guter Neger… den man dann natürlich auch nach Belieben für sich reklamieren kann.
August 12th, 2013 at 12:52
Der erste Satz wird sicher zitiert werden. Kontext ist irrelevant :-P
August 12th, 2013 at 14:56
Peinhart: Selbst, wenn Dein erster Satz ironisch oder satirisch zu verstehen ist, finde ich es voll daneben, mit rassistischen Begriffen wie dem N..-Wort und deren politisch unkorrekten Anwendung auch nur zu kokettieren.
August 12th, 2013 at 16:44
@altautonomer #15
Das ist ne ewige Debatte und die betrifft nicht nur das N* Wort, sondern auch z.B. Symbole, wie eins, welches stark der Swastika ähnelt. Kann ein Begriff (der definitiv historisch sehr negativ belastet ist und leider meist mit rassistischem Hintergrund Anwendung findet) pauschal “rassistisch” sein.
Das Wort gibts nämlich schon ziemlich lang und leitet sich zumindest laut Wiki einfach nur vom lat. Wort niger=schwarz ab. Ich sage also eigentlich auch nur “Schwarzer”. Ich bekomme nämlich immer so ein Zucken im Nacken, wenn man mir bestimmte Wörter erlaubt oder verbietet, weil sie eine gewisse Reaktion hervorrufen obwohl sie erstmal ohne historischen Kontext eine völlig neutrale Bedeutung haben.
Als eine in Polen geborene Person habe ich desöfteren die laut Kontext abwertende Bezeichnung “Polacke” hören müssen (hinkt ein wenig zum Neger Vergleich, weil Polacke von Anfang an nur für den herabwürdigenden Zweck verwendet wird/wurde). Bis zu einem gewissen Alter und Wissensstand empfand ich es auch als beleidigend/herabwürdigend, aber heute seh ich es nur noch als Wort, dass eine bestimmte emotionale Reaktion beim Gegenüber hervorrufen soll und lasse mich auf dieses Spiel nicht ein. Es ist mir objektiv wie auch zeitlich zu willkürlich, welche Begriffe, Symbole oder was auch immer gerade in welcher Kultur, Landesteil oder sonstwas auf der schwarzen Liste stehen.
Du kannst es als Respekt vor deinen Mitmenschen ansehen, wenn man auf solche kulturellen Spitzfindigkeiten eingeht, aber in meinen Augen sind es historisch aufgeladene Emotionen, die man an bestimmte Wörter hängt und sobald das einem klar geworden ist, fällt es einem wie Schuppen von den Augen. Danach habe ich Wort/Absicht strikt voneinander getrennt. Benutzt einer ein Wort der Definition wegen oder will er mich rassistisch anpöbeln. Die Wahl der Worte ist dann eigentlich nebensächlich, wichtig ist die geistige Absicht.
Denk mal so rum, dann wird es vielleicht klarer was ich meine. Was wenn du in einem Kulturkreis aufwächst wo ein bestimmtes Wort etwas ganz neutral beschreibt. Dann machst du eine Reise in eine komplett fremde Kultur und wendest dieses Wort an, aber wusstest nicht, dass es hier beleidigend wirkt. Jetzt gehen alle anderen davon aus, dass du ihnen gegebüber böswillig bist und sind vielleicht gar beleidigt. Es entsteht ein Konflikt, aber wer ist eigentlich “schuld”.
Du, weil du dich nicht über die kulturellen Besonderheiten informiert hast oder die anderen, weil sie einem Wort historisch bedingte Emotionen “überstülpen” und dadurch dir vorurteilsbehaftet eine bestimmte Gesinnung/Denkweise unterstellen. Das ist doch auch nicht wirklich intelektuell fortschrittlich. Wenn man das einfach sein lassen würde, dann würden viele negative Aspekte verschwinden und es würde nicht wirklich was positives verloren gehen.
August 12th, 2013 at 17:32
@altautonomer: Ich finde es völlig richtig und unvermeidlich, die Sprache der Rassisten zu zitieren und habe sehr wenig Verständnis für Debatten um solche Fragen, wie ob man “Neger” sagen darf oder nicht. Das ist doch Bildersturm, dann kannst auch das Zeigen von Fotos aus Auschwitz verbieten, weil Menschen kein Vieh seien. Wer die Darstellung oder Karikatur von widerwärtigen Ideologien nicht von diesen selbst unterscheiden kann, hat kognitive Defizite, die durch Korrektheit sicher nicht zu lindern sind.
August 12th, 2013 at 18:40
flatter: Hab ich durchaus sorgfältig gelesen Deinen Text. Du hast korrekt zitiert. Peinhard nicht.
Ich bin auch nicht mehr an einer derartigen Diskussion interessiert, da ich oft die Erfahrung machen musste, wie schwer es auch linken Herrenmenschen (darf ich jetzt auch Arier sagen?) zu fallen scheint, im täglichen Sprachgebrauch auf dieses diskriminierende Wort einfach zu verzichten.
Lassen wir es dabei.
August 12th, 2013 at 19:12
“Darf ich jetzt auch Arier sagen“? Sicher, ich hab’ nen Nachweis.
August 12th, 2013 at 20:06
@altautonomer – die Aussage des Satzes, nur eine tote ‘Sorte Mensch’ sei eine gute, ist insgesamt derart diskrimierend und menschenverachtend, dass es für mein Gefühl noch wesentlich fataler gewesen wäre, an der Stelle entweder einen ‘politisch korrekten’ Ausdruck oder Gänsefüsschen zu verwenden. Es würde den Eindruck erwecken, diese Aussage sei doch noch irgendwie möglich, solange die Delinquenten nur ‘korrekt’ benannt wären.
August 12th, 2013 at 20:18
Im Original war das “ein Indianer”, richtig?
Wie dem auch sei, ich erhöhe auf “Woman is the Nigger of the World” und gehe bis “Alle Kreter lügen”.
August 12th, 2013 at 23:23
…wie wäre es mit der Bezeichnung MENSCH. Wir waren Kinder und in der Lage unvoreingenommen auf jeden Menschen zu zulaufen.
Unsere bereits voreingenommenen Eltern hielten uns zurück, in dem vermeintlichen Glauben uns zu schützen.
Mein Enkel kann das auch (Unvoreingenommenheit). Ich will jetzt von ihm lernen.
Vertraut Euren Urinstinkten!
August 13th, 2013 at 08:13
Hätte da noch einen Joker.
Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 15.Juni 2000:
Wer einen Schwarzen öffentlich als “Neger” bezeichnet, darf ungestraft “Rassist” genannt werden. So lautet ein Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 15. Juni 2000.
Gegen Ende des Urteils äußert die Richterin unter anderem, dass es für sie „schwer vorstellbar“ sei, dass dem Kläger (dem angeblich nicht
bewusst gewesen ist, daß es sich dabei um ein Schimpfwort handelt)„der diffamierende Charakter des Ausdrucks „Neger“ nicht bekannt
gewesen sein soll.
Das Urteil trägt die Geschäftsnummer 6 C 154/ 00
August 13th, 2013 at 08:45
Und Ernst Neger rotiert im Grab.
August 13th, 2013 at 09:49
24; Jep. Ernst Neger war ein also Schwarzer. Alice Schwarzer demnach auch wie Roy Black es war. Und Roberto Blanco ein Weisser.
August 13th, 2013 at 10:38
Wer einen Schwarzen öffentlich als “Neger” bezeichnet, darf ungestraft “Rassist” genannt werden. So lautet ein Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 15. Juni 2000.
Und dass so etwas “geltendes Recht” wird, das verdanken wir genau denselben “Eliten”, die es ganz in Ordnung finden, wenn das Grundrecht auf Asyl durch Verwaltungsdirektiven unterlaufen wird und dass an Grundrechten permanent herum geschraubt wird, wozu man sich einen passenden “Dauer-Ausnahmezustand” basteln muss, der nahezu jede Willkürmaßnahme als notwendig und alternativlos für die Sicherheit erscheinen lassen soll.
Pfui Teufel!
August 13th, 2013 at 13:01
@altautonomer: Richtig, es geht aber um “Neger” als Begriff, daher kann man sich dem auch nur auf der begrifflichen Ebene nähern. Der Anwurf “Du Jude” z.B. ist keine Beleidigung, obwohl er mindestens so viel Verachtung trägt. Nenne ich hingegen jemanden ein “Arschloch”, falle ich in keine Kategorie. Nennt ein dunkelhäutiger Mensch einen anderen “Nigger”, ist das was? Das kommt häufig vor. Political Correctness, maguscarolus weist in diese Richtung, hat keine gute Funktion, btw im übrigen schon gar nicht, wenn sie so strukturiert ist wie die Grünen Heuchler das oft draufhaben. Auch der Begriff “Neger” diskriminiert nicht per se, weil Begriffe nie Eindeutig sind. Keinen Zweifel kann ich hingegen daran haben, dass jemand, der generell von “Negern” spricht, ein Rassist ist. Der Rassismus besteht aber nicht in der Wortwahl, sondern in der Haltung und der Absicht. Das Symptom ist nicht die Krankheit.
August 13th, 2013 at 13:56
flatter: Überzeugt mich leider nicht. Ich maße mir als Weisser nicht die Definitionshoheit über die semantische Auslegung derartiger Begriffe an. Wenn ich eine Frau “Fot.e” nenne, könnte das nach Deiner Auslegung auch liebevoll und schmeichelhaft (Haltung) gemeint sein und nicht generell sexistisch.
maguscarolus: Ich würde Deiner Generalisierung auch gerne mit Gegenbeispielen widersprechen. (Sollte Inge Hannemann vor dem Arbeitsgericht Recht bekommen, werte ich das ja auch nicht mit dem Hinweis ab, dass es sich hierbei um dieselben Angehörigen einer Elite handelt, die in anderen Fällen wegen der Einlösung von Pfandbons oder dem Verzehr übriggebliebener Brötchen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestätigten.)
Aber ich merke jetzt, ich stehe hier mit dem Rücken an der Wand und danke flatter, dass er die Diskussion laufen ließ.
August 13th, 2013 at 14:35
@altautonomer: Ich maße mir als jemand, der seine Sprache wissenschaftich betrachtet, jede Aussage an, die ich für richtig halte. Wenn wir jetzt eine Semantik für Weiße und eine für Schwarze einführen, ist ja mächtig was gewonnen. Ich kann auch nicht sehen, wo ich den Begriff “Neger” als liebevoll o.ä. einsortiere, das ist nicht der Punkt, denn Begriffe kannst du nicht mit Moral aufladen, ohne die Sprache zur Orthodoxie zu machen. Wenn Schwarze von sich mit Stolz als “Nigger” reden, darf ich ihnen das als Weißer aber absprechen? Das ist doch abstrus.
Nehmen wir ein anderes Beispiel, es soll ja nicht um eine Rasselehre gehen, sondern um Diskriminierung und die sprachlichen Mittel. Ich bezeiche mich selbst regelmäßig als “linksradikale Sau”. Es gibt Menschen, denen billige ich das zu und solche, denen billige ich das nicht zu bzw. Situationen, in denen das in Ordnung ist und solche, in denen eben üble Diskriminierung stattfindet. Das liegt niemals am Wort selbst. Es gibt vor allem keinen Modus, in dem du Sprache resp. Wörter aus ethischen Motiven tilgen kannst, ohne die Büchse der Pandora zu öffnen. Ich kann auch nicht verstehen, was du hier damit bezweckst. Sind hier die Rassisten, findet hier unreflektiert eine Diskriminierung statt, weil jemand vielleicht “Neger” sagen könnte? Werden hier Frauen als “Fotze” beschimpft?
Was mich vor allem dezent nervt, ist das sprachwissenschaftlich unterirdische Niveau, auf dem solche Moralisierungen stattfinden, schlimmer noch die historische Blindheit vor Säuberungen des Sprachgebrauchs. Diese Gefahr schätze ich wesentlich höher ein als dass einer durch laxen Sprachgebrauch dem Rassismus Vorschub leistet.
August 13th, 2013 at 16:10
ömm – https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=kokKQ-h5Oa0
August 13th, 2013 at 16:17
@flatter: “…schlimmer noch die historische Blindheit vor Säuberungen des Sprachgebrauchs…”
wärst du so freundlich einem sprachwissenschaftlichen dau wie mir dies etwas näher auszuführen? es macht grad einfach nicht ‘klick’. geht es da um bestimmte bedeutungsumwandlung von begriffen, tilgung bestimmter wörter/zusammenhänge aus dem sprachgebrauch – im zusammenhang mit diversen ideologien?
ich grüble was das geäußerte aus deiner perspektive bedeuten mag, u.a. auch wegen der verwendung von ‘blindheit’, und komme zu keinem befriedigenden ergebnis.
August 13th, 2013 at 16:30
Suchst du Maschine. Es sind immer die Reaktionäre, die Verfechter einer Reinheit (von Sprache, Rasse, Ideoloie), die die Sprache kontrollieren wollen. Ob vor einigen Jahren in Frankreich, wo die Rechten sich anschickten, Anglizismen verbieten zu wollen zu wollen (z.B. “Walkman”), die Nazis oder diverse Streber anderer Ideologien. Wörter aus einer Sprache tilgen zu wollen, ist Zensur in ihrer brutalsten Form. Es soll etwas nicht gesagt werden dürfen, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern phonetisch. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass in der Regel (das gilt auch für die ‘Diskussion’ um “Neger”) selbst das Zitieren von Wörtern verboten sein soll. Am Ende erkennst du aber nur, dass die, die “N.Wort” statt “Neger” sagen, sich unterworfen haben. Damit erreichst du das Gegenteil dessen, was angeblich beabsichtlicht ist, nämlich dass die trotzige Verwendung des Wortes als Akt der Emanzipation auftritt. Zwang gegen die Sprache auszuüben ist der übelste Auswuchs einer diktatorischen Gesinnung. Siehe “1984″.
August 13th, 2013 at 16:43
Ich stimme Flatters Ausführung zu.
Leider ist Rassismus in dieser Gesellschaft so tief und unreflektiert verwurzelt, daß entsprechende Worte in mir meist ein großes Unbehagen auslösen.
Trotzdem lehne ich die sog. politische Korrektheit ab, sie ist immer nur eine Maske, die im besten Fall etwas verbirgt, das sich nicht verbergen muß, im schlimmsten Fall etwas, das ich lieber sehen können würde.
Sie löst keine Probleme, sie dient bloß dem reibungslosen Ablauf.
By the way, ich lebe Tür an Tür mit vielen afrikanischen Flüchtlingsfamilien und ich ertappe mich selbst, zu meinem Greuel, auch immer wieder bei rassistischen Reflexen. Soviel dazu, was ich mit tief verwurzelt meine. Denn ich bin überzeugter Antirassist.
August 13th, 2013 at 17:09
@flatter: danke!
kontrolle qua zensur war wohl der punkt der mir grad fehlte. wahrscheinlich weil sie mir selbst größtenteils fremd ist.
mir dreht sich meist nur der magen um, wenn mir sowas wie “da vergleichst du äpfel mit birnen” und die völlig beliebige verwendung von “zufall” unterkommt. dann reagiere ich gerne mit facepalm/fremdschämen.^^
was den rassismuskram im allgemeinen angeht: ich definiere mich selbst und andere nicht über äußerlichkeiten oder nationalität (mensch ist mensch, sonst nix, persönliche zuweisungen in sympathisch/arschloch kommen später), allenfalls über sprache, und selbst die ist nichts trennendes, eher eine interessante hürde die es zu nehmen gilt.
August 13th, 2013 at 17:30
Tja, auch einem Linken fällt es schwer, seine bürgerliche Hülle abzulegen, sich davon zu befreien, was so in Familie und an Stammtischen vielleicht mal so als Aufreisser zum Mitlachen gemeint war, aber nicht so gemeint. Nein wir sind doch deshalb keine Rassisten, aber bitte.
Habe da noch so ein Witz aus meiner Jugendzeit auf Lager:
“Das was ich besonders hasse sind Vorurteile und Neger am Strand der Weissen.” Ach was haben wir alle herzlich gelacht!
Ich benutze die Bezeichnung “Neger” für einen Schwarzen nicht mehr.
Wenn der Schwarze sich selbst “Nigger” nennt, weil er damit das zum Ausdruck bringen will, was die weissen Amerikaner über ihn denken “dumm, faul und stinkt irgendwie anders nach Schweiss als ein Weisser” und welche Rolle er einzunehmen hat, so ist das seine Sache, aber nicht die unsere.
Wenn Robert Kurz in einem Beitrag über “Das kleine linke Arschloch” schreibt, “Ein Beitrag zur Typologie der Fans ohne Führer”, so geschieht das in voller Absicht und ist keinesfalls freundlich gemeint und jeder der sich angesprochen fühlen sollte, wird die Absicht leicht erkennen.
Und das es unter Linken keine Rassisten und Antisemiten gibt, das wäre allerdings zu schön um wahr zu sein.
August 13th, 2013 at 18:03
Echte Herren brauchen kein N-Wort, das Zauberwort heißt Integration. Oh, Verzeihung, I-Wort.
August 13th, 2013 at 18:40
Das läuft hier aber mal wieder aus dem Ruder. Wenn die Bezeichnung Neger in früheren Schriften Gebrauch fand, dann nicht immer in einem rassistischen Kontext. Gab halt kein Bewußtsein, daß die gemeinten Menschen sich eventuell angepisst fühlen. Texte von damals, oder Äußerungen, jetzt im Nachhinein umzudichten halte ich für reichlich bescheuert.
Die ganze Schubladendenke nervt eh extrem. Vielleicht hat Flatter ja, so und jetzt sind wir wieder bei der Schere “sag ich farbige, schwarze”, Mitleser, die mal was zur Sache beitragen können.
https://www.youtube.com/watch?v=bkwkzzuaJds&feature=player_detailpage
Den “besten Film” , den ich zum Thema habe und auch oft gezeigt habe ist blueeyed. Hier der Trailer.
https://www.youtube.com/watch?v=d3Gqr_RHLvY&feature=player_detailpage
August 13th, 2013 at 19:13
@28:Ich würde Deiner Generalisierung auch gerne mit Gegenbeispielen widersprechen. (Sollte Inge Hannemann vor dem Arbeitsgericht Recht bekommen, werte ich das ja auch nicht mit dem Hinweis ab, dass es sich hierbei um dieselben Angehörigen einer Elite handelt, die in anderen Fällen wegen der Einlösung von Pfandbons oder dem Verzehr übriggebliebener Brötchen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestätigten.)
Mich stört ja nur die Widersprüchlichkeit zwischen dem politisch korrekten Herumgestelze einerseits bei gleichzeitig brutalstmöglicher Verwaltungspraxis.
August 13th, 2013 at 19:30
Das sog. “Politisch Korrekte” war aber nun mal eine Bewegung der Diskriminierten gegen ihre Diskriminierung. Und dies wurde dann auch von liberalen und linken Kräften aufgegriffen.
Es hat dann nicht lange gedauert, bis sich die Rechten in ihrer Meinungsfreiheit diskriminiert gefühlt haben und dagegen angekämpft haben.
Beispiele kennen wir doch aus Deutschland selbst. Wenn ein Herr Sarrazin (SPD-Mitglied) mal der Deutschen Seele so richtig aus dem Leibe spricht, dann fährt die Stimmung schnell von Null auf Hundert. Da werden auch die kleinsten Hürden des Anstandes schnell beiseite geschoben.
Und die Widersprüchlichkeit kann ich nicht erkennen. Die brutalstmögliche Verwaltungspraxis ist auch immer begleitet von brutalstmöglichen Verbalattacken.
Widersprüchlich wäre es, wenn es nicht so wäre.
August 13th, 2013 at 19:34
“Am Ende erkennst du aber nur, dass die, die “N.Wort” statt “Neger” sagen, sich unterworfen haben.” Interessanter Gedanke. Noah Sow schreibt NUR so. Habs mal an die Unterworfene weitergegeben.:-)Ich würde es (das Wort)postkolonialen Sprachmüll nennen.
“Wörter aus einer Sprache tilgen zu wollen, ist Zensur in ihrer brutalsten Form. ” Nein, es ist die Lebendigkeit und Wandelbarkeit von Sprache. Sie ist eben nicht statisch. Sonst wären Bezeichnungen wie Bastard, Mongoloid, Krüppel, Zigeuner, Irrenanstalt, wilde Ehe usw. in der Amtssprache noch gang und gäbe.
Das es diese Begriffe nicht mehr en vogue sind, haben wir nicht den “linguistischen Reinigungsbrigaden” – “Geschmackslinienrichter” – “Säuberungskampagnen” – “ausbreitender Sprachpest der Political Correctness” – “Kulturbanausen” – “Reinigungkolonnen” – “durchgedrehten Sprachreinigungs-Soldateska” – “selbsternannten Sprach-Gurus” zu verdanken, sondern vernünftigen Menschen, die eine Antenne dafür hatten, dass es Taten und Ideen gibt, die andere Menschen verletzen oder diskriminieren können.
Ursprünglich bezieht sich der Begriff „N.“ auf die Hautfarbe von Menschen und konstruiert damit Identität über Pigmentierung. Dabei werden aber im Hautfarbenspektrum Grenzen gezogen, die keiner natürlich gegebenen Linie, sondern Weißen Machtmanifestationen folgen. Weder alle Europäer/innen noch alle Afrikaner/innen haben den gleichen Hautfarbton. Manche als Weiß konstruierten Europäer/innen haben einen dunkleren Teint als Afrikaner/innen. Erst durch den Rassismus wurde das Farbspektrum von Hautfarben auf eine Dichotomie von „weiß“ auf der einen Seite und „schwarz“ auf der anderen reduziert und dabei als gesellschaftlich relevant hergestellt und bewertet. Dabei galt Weiß-Sein als Norm, während das „Nicht-Weiße“ zum Anderen, „Un-Normalen“ opponierte. Im Kontext pseudowissenschaftlicher Rassentheorien wurde die Hautfarbe zum einen mit anderen visuell sichtbaren Körpermerkmalen vernetzt.
Also wenn ‚N.‘ gesagt wird, wird nicht nur über die (Haut-)Farbe ‚Schwarz‘ gesprochen, sondern auch über: Primitivität – Animalität – Faulheit – Chaos – Schmutz, etc..(so auch troptard unter 35.) Diese Reihe von Assoziationen charakterisieren Rassismus.
Schwarze werden als die Verkörperung jeder dieser Stigmata angesehen – keineswegs weil sie
in ihren Körper eingeschrieben sind oder wirklich und real wären, vielmehr weil Rassismus diskursiv ist. Rassismus ist nicht biologisch, er funktioniert durch Diskurse, durch Worte und durch eine Reihe von Entsprechungen, welche Identitäten aufrechterhalten.
Die Verwendung des N.-Wortes als einen Akt der Emanzipation zu bezeichnen, halte ich selbst auf die Betroffenen bezogen für fragwürdig. Es ist eher der nicht emanzipierte Schwarze, der verlegen lacht, wenn der weiße Mann einen Witz über ihn macht.
August 13th, 2013 at 19:48
@altauto – Du hast es ja schon auf den Punkt gebracht. Es geht um die Manifestation von Macht. Die Sprache wird darauf geeicht.Den subkulturellen Gebrauch der Buhworte unterschlägst du, warum ?
August 13th, 2013 at 20:02
41: Weil ich in der Subkultur nicht zu Hause bin. Anderes Beispiel: Die DDR und die UdSSR gibt es nicht mehr. Trotzdem finden sie in bestimmten Kontexten Verwendung, nicht selten sogar in diskriminierender Form.
August 13th, 2013 at 20:07
Meine volle Zustimmung gilt hier dem #altautonomen. Wer glaubt Sprachkritik sei Zensur, der öffnet der Diskrimierung durch Sprache Tür und Tor.
August 13th, 2013 at 20:10
Die politisch korrekten Sprachkonventionen sind das, was von den ursprünglichen Bemühungen um eine diskriminierungsfreie Gesellschaft übrig geblieben ist.
Ist dasselbe wie diese SprechregulierungInnen denen man/frau auf SchrittIn und TrittIn (!) begegnet.
August 13th, 2013 at 20:39
@altautonomer: Ich kann mich nicht recht des Eindrucks erwehren, dass du zielgerecht an mir vorbei diskutierst.
“Nein, es ist die Lebendigkeit und Wandelbarkeit von Sprache. Sie ist eben nicht statisch.” – wenn man Wörtter aktiv tilgt?! Das eine hat mit dem anderen absolut nichts zu tun. Im Gegenteil ist der gewaltsame Versuch, durch Tabuierung von Wörtern auf eine gewachsene Sprache einzuwirken, zum Scheitern verurteilt, weil die sich das nicht antun lässt, sofern es noch freie Rede gibt. Wir sprechen hier von einer ‘Debatte’, ich wiederhole mich und bestehe darauf, dass das einmal Beachtung findet, dass auch das Zitieren und Ironisieren von Wörtern unter den Bann fallen soll. Worüber reden wir denn sonst? Der letzte, den ich rausgeworfen habe, ist u.a. wegen der Vokabel “Negerpräsident” rausgeflogen. Der hat das auch so gemeint, ohne jede Ironie, und da hört der Spaß auf. Gewisse Hobbyzensoren möchten aber gern diese Differenzierung verbieten. Die können mich mal.
Wem du was meldest, mit Verlaub, geht mir irgendwo vorbei. Dass ich sage, dass “die trotzige Verwendung des Wortes als Akt der Emanzipation auftritt“, dann steht da nicht, dass emanzipatorisch ist. Wer das überliest, hat Absichten. Ich rede von einer Attitüde, die provoziert wird, wenn angeblich emanzipatorische Ansätze in Zwang ausarten. Was manche da nicht kapieren, ist dass sie Leuten, die nie auf die Idee kämen, einen Menschen als “Neger” zu bezeichnen, die Tür eintreten, weil sie M.L.King zitieren oder einen fetten Weißen, der sich von Papageien beleidigen lässt, als “Negerkönig” kennen.
August 13th, 2013 at 20:46
Wer glaubt Sprachkritik ändert etwas an rassistischen Zuständen, hat einen an der Waffel. Die NPD feiert auch fröhlich Fest der Völker.
August 13th, 2013 at 21:04
46: Und wer glaubt, Worte seien nur eine Aneinanderreihung von Buchstaben hat ein ganz schlimmes Aua.
Und es sind die NPD, die PI-Seiten, Jan Fleischhauer und die Junge Freiheit, die sich über die Kritiker des N-Wortes lustig machen.
Erwarte nicht, dass ich die hier verlinke.
August 13th, 2013 at 21:08
@44,
In Gesellschaften, in der die Diskriminierung von Menschen (sei es nach Geschlecht, Hautfarbe, Nationalität, gesellschaftlicher Stellung) die Funktion einer kollektiven Entlastung beabsichtigt, müssen auch Bemühungen um eine Sprache, frei von Diskriminierung, ins Leere laufen und wie aufgesetzt erscheinen.
Die gesellschaftliche Realität verlangt dann nach einer Sprache, die ihren Befindlichkeiten freien Lauf lässt und jede Kritik daran wird als Eingriff in die Meinungsfreiheit abgewehrt.
Störst Du Dich z.B. daran, dass wir ziemlich selbstverständlich und ohne weitere Hintergedanken Autofahrer und Autofahrerin sagen. Gegen Putzmann hättest Du wohl was einzuwenden.
Das passt nicht so richtig zum Geschlecht. Dann lieber doch männliche Reinigungskraft.
August 13th, 2013 at 21:14
Ich bezeichne mich regelmäßig als “Erzieherin”, weil das die gesellschaftliche Wirklichkeit ist und übrigens die klassische Berufsbezeichnung. Ein wenig Flexibilität wäre vonnöten, aber manche scheinen damit überfordert zu sein.
August 13th, 2013 at 21:21
flatter: Zitate im Original (siehe oben – wg. Authentizität! Keine Bedenken. Ironisierung dito. (Ein Harzt-4-Bezieher, der als Berufsbezeichnung “Sozialschmarotzer” angibt, hat in meinen Augen ein hochentwickeltes Selbstbewußtsein. Der darf das. BLÖD nicht.) Im übrigen spreche ich hier für mich und begründe, warum ich mich so verhalte.
Das Linke sich hartnäckig weigern, auf das N-Wort zu verzichten und auf Kritik manchmal sogar aggressiv reagieren, ist ein Phänomen, dass aktuell abgelöst wird, durch den linken Klassismus, über den bei Klaus Baum vor dem Hintergrund des sog. Unterschichtenfernsehens und einem als Satire verkleideten Pamphleten übe die Lebensverhältnisse von sog. “Prolls” vor einigen Tagen diskutiert wurde.
https://www.kritisch-lesen.de/rezension/ein-ideologisches-lehrstuck
PS.:
Es wird von mir genau so wenig eine Gesetzesinitiative geben, wie eine “Meldung” an den Schwarzen Blog.:-)
August 13th, 2013 at 21:26
Ist eh immer blöd über Menschen zu sprechen, sprich/sprecht mit ihnen, erübrigt sich mE die ganze Diskussion über Diskriminierung durch Sprache…
August 13th, 2013 at 21:26
@Flatter
Manchmal helfen diese kleinen Gänsefüsschen Missverständnisse zu vermeiden.
Aber das Thema ist schon enteilt.
August 13th, 2013 at 21:28
44: Guckst Du hier:
Sprachfeminismus
August 13th, 2013 at 21:29
@Altautonomer
“Sonst wären Bezeichnungen wie Bastard, Mongoloid, Krüppel, Zigeuner, Irrenanstalt, wilde Ehe usw. in der Amtssprache noch gang und gäbe.”
Also was die Alltagssprache betrifft, sind diese Worte doch Gang-und-Gäbe, wenn auch vllt. erst nach dem dritten Bier. Und denkst du die zugrunde liegende Geisteshaltung hätte sich wirklich geändert? Ich wie gesagt nicht, und das ist es was mich interessiert, falls DAS jemand interessiert (;
In der Ev. Stiftung Alsterdorf, ehemals Anstalten, wo ich eine Zeitlang gearbeitet hab, wurde es in der Zeit auf die Spitze getrieben. Man mußte aufpassen, was man sagt, es gab zahllose Minenfelder.
So war z.B. auch der Begriff Down-Syndrom Tabu, da Mr. Down angeblich Antisemit war.
Kann sein, ist aber nicht der Punkt, sondern, daß gleichzeitig ein knallhartes Spar- und Umstrukturierungsprogramm lief, welches ich persönlich in den von mir erlebten Fällen als menschenverachtend empfand.
Welche Bedeutung hatte also der Wortzauber? Fassade und Einschüchterung. IN DIESEM FALL.
Trotzdem würde ich dir dann doch wieder in deiner Grundhaltung zustimmen. Es sind halt verschiedene Ebenen. Früher hab ich gern mit meinen (verranzten Punker-)Freunden Hitler-Imitationen zum Besten gegeben. Find ich völlig in Ordnung, reine Satire, würd ich aber nicht in Israel machen.
Es läuft darauf hinaus, was wir hier tun, ausloten und nachdenken.
Edit: Oh ich hinke hinterher…@50 damit ist eigentlich fast alles gesagt!
August 13th, 2013 at 21:30
@altautonomer(50): Aber das ist doch das, worum die ganze Aufregung geht. Es soll ja nicht der Konsens hergestellt werden, dass man Menschen nicht mehr als “Neger”, “Untermenschen” oder “Parasiten” beschimpfen darf. Btw. wirst du bei den Vollpfosten, für die das eine Option ist, eh kein Verständnis erzeugen.
Der Anfang der ganzen Klamotte war doch die Zensur an (Kinder-)büchern und nicht Heini von der PDS, der Obama als “Neger” bezeichnet.
August 13th, 2013 at 21:32
Ich hörte eben im Staatsradio, dass Pofalla die Debatte für beendet erklärt hat.
August 13th, 2013 at 21:38
Welche Debatte?
Ich wünschte, ich könnte Pofalla für beendet erklären!
August 13th, 2013 at 21:43
Stop trying …
August 13th, 2013 at 21:49
54:”Welche Bedeutung hatte also der Wortzauber?”
SPIEGEL 14/2013: SENIOREN – Ohren zu und durch: Ein Drittel der Pfleger in Altenheimen stammt nicht aus Deutschland. Die Betreuer müssen sich von Hochbetagten und Demenzkranken rassistisch beschimpfen lassen.
August 13th, 2013 at 23:00
So eine Debatte ohne Bezug zu nehmen auf Sender und Empfänger, ist doch witzlos. Auch wenn es hier schon mehrere gesagt haben, Worte stehen niemals ohne Bezug im Raum. Selbst in Sachtexten nicht. Und schon gar nicht innerhalb einer Kommunikation zwischen spezifischen Teilnehmern.
Wenn das Wort Neger frei im Orbit schwingend tabuisiert gehört, dürfte es niemand mehr benutzen. Auch Schwarze nicht, denn dann macht es keinen Unterschied ob es ironisch, zitierend, beleidigend, historisch oder selbstreferentiell gemeint ist.
Das wäre ein merkwürdiger Sprachgebrauch, der den wenigsten Sprechenden entspräche. Die Frage ist doch nicht, ob ich mit jedem in gleicher Form rede, sondern ob ich in der Lage bin, meinen Bezug herzustellen. Eine Achtsamkeit in Bezug auf die Wortwahl schließt das übrigens nicht aus, sondern bedingt sie geradezu.
Und an dem Punkt, wo Menschen über das Wort Neger diskutieren, das in ihrem normalen Gedankengut und Sprachgebrauch ganz sicher nicht anzutreffen ist, dafür dann beim Kürzel N-Wort landen, wird es doch total verdreht. So eine Ausweich-Vokabel (die sich vollkommen etabliert) empfinde ich als diskriminierender, da sogar extra neu aufgelegt, als einen alten und negativ belegten Begriff, an dem ganz sicher hier keiner hängt, um damit diskreditierend Menschen zu bezeichnen.
Letztendlich ist für mich daher die Achtsamkeit gegenüber der eigenen Sprache kein Argument, wenn sie sämtliche Facetten des Sprachgebrauchs ausblendet und in steifem und vermintem Korsett zurückbleibt.
Etwas unglücklich finde ich, wenn sich solche Diskussionen an einzelnen Begriffen festfressen. Denn sich immer wieder mal auf breiterer Ebene gegenseitig auf die Münder/Finger zu schauen, ist sicher richtig. Einen so rigorosen Ansatz wie hier teils vertreten kann ich nicht teilen. Da kommen im besten Fall leere Sprachhülsen raus, im schlechteren so Fehlbesetzungen wie N-Wort.
August 13th, 2013 at 23:40
Uena – Alles gesagt, danke.Im Übrigen durfte ich mal mit nem schwarzen Punkkollegen eine Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen. Der hatte die Doppelarschkarte. Punk ist auch nicht immer liebgemeint.