Eine der abstrusesten Konstruktionen aus dem Wahnarsenal der Nazis war die “jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung”. Ausgerechnet die als boshafte Kapitalisten verteufelten Juden sollten mit den erbitterten Feinden des Kapitalismus unter einer Decke stecken. Das ist so irre, dass man es daher schon nicht widerlegen kann. Es beinhaltet dabei die Elemente jener projektiven Verschwörungstheorien, wie sie zumeist in der paranoiden Welt der Geheimdienste ausgeheckt und von autoritären Regimes genutzt werden. Meist ist nicht so explizit von “Verschwörung” die Rede, heute wäre das auch zu entlarvend. Dass man dem Feind alles Böse unterstellt, ist natürlich Programm, und dafür kann es – jenseits aller Vernunft – auch nicht schaden, wenn man sich aller Extreme gleichzeitig bedient.

“Jüdisch” steht hier implizit natürlich auch für die “Hochfinanz”, aber eben erstrangig für die ‘Rasse’. Diese hat den Vorteil, dass man sich nicht lange mit Strategien zur Umerziehung oder Einflussnahme befassen muss. Wenn es ihnen im Blut liegt, muss das eben fließen. Die müssen weg, ob per Ausweisung, Ausgrenzung oder Vernichtung. Der “Bolschewismus”, auch als “Kommunismus” tauglich, bietet wiederum den Vorteil, dass man den auch jenen vorwerfen kann, die nicht qua Geburt und Rasse Schädlinge sind. Man könnte sich sonst der anderen Feinde ja nicht entledigen.

Zwischen Rasse und verwerflicher politischer Überzeugung kann man dann herrlich Pingpong spielen, dem Kommunisten nachweisen, dass er obendrein ein Jude ist, dem Juden, er sei Kommunist. Grundsätzlich geht das auch mit schwul, pervers, asozial, aber im handlichen Gebrauch durch die autoritäre Staatsmacht hat sich vor allem die Kombination Rasse/Kommunismus als erfolgreich erwiesen. Vor allem deshalb, ist anzunehmen, weil sie eben alle Ressourcen für ein paranoides Weltbild vorhält und gleichzeitig die Angst vor dem Fremden zu nutzen weiß.

Jüdisch-bolschewistische Verschwörung

Burks hat heute ein gutes Beispiel dafür ausgegraben: Die Versuche, Martin Luther King zum Kommunisten zu stempeln:
Wir müssen ihn jetzt, soweit wir es noch nicht getan haben, als den für die Zukunft in diesem Lande gefährlichsten Neger betrachten in bezug auf Kommunismus, den Neger und die nationale Sicherheit.
(We must mark him now, if we have not done so before, as the most dangerous Negro of the future in this Nation from the standpoint of communism, the Negro and national security.).

Hoovers FBI, das ich hier als Geheimdienst betrachte, hat jahrelang versucht, King oder den “Negern” allgemein eine Nähe zu den teuflischen Kommunisten anzudichten. Wo das nicht gelang, musste halt intensiver gesucht werden, noch wachsamer beobachtet und neueste Entwicklungen darauf überprüft werden. Das zeugt davon, dass man dort ernst meinte, was man mit einem halben Schritt Abstand schon als zwanghaft erkennt. Aber es ging ja, wie immer, um das hehre Ziel der “nationalen Sicherheit”, da kann man nicht wachsam genug sein.

Die Nähe deutscher Geheimdienste zu den Nazis, die rassistische Einstellung der ‘Sicherheitsdienste’ versteht sich, wenn man das absurde Bild eines geheim operierenden Terrors mit der Notwendigkeit zur wahnhaften Konstruktion erklärt. Terror ist das Öffentlichste, das man sich nur vorstellen kann, er soll einschüchtern, ängstigen, dafür sorgen, dass man sich ständig unsicher fühlt. Das wird man wohl kaum bewerkstelligen, wenn man jahrzehntelang nur Videobotschaften an die eigenen Getreuen schickt. Das aber ist schon mehr als die ‘Dienste’ in der Regel haben, wenn sie warnen, Alarmstufen ausrufen und damit ihrerseits den Terror ausüben, der ansonsten ein Hirngespinst ist.

Dieses Hirngespinst bedarf der fremden Macht, Betonung auf “fremd”. Fremde Sprache, fremde Rasse, fremde Religion, fremdartiges Aussehen. Am besten man versteht absolut nichts von dem ganzen Spuk, dann ist der Grusel am größten. Wenn die ‘Sicherheit’ dann ausgerechnet vom Bekanntesten und Nationalsten – dem “NSU” und seinen V-Leuten – gefährdet wird, und zwar die Sicherheit der Fremden, steht diese Welt Kopf. Das kann dort kein Mensch brauchen, dass man selbst die Gefahr ist und das Fremde das Opfer. Die Tat kann einem noch so sympathisch sein, sie muss mit allen Mitteln vertuscht werden.

Islamistisch-sozialistischer Terror

Am Ende steht das Absurde selbst: Die totale Überwachung der Bevölkerung. Dies hat selbstverständlich völlig andere Ziele, wird aber ernsthaft mit einem “Terrornetzwerk al Qaida” begründet, das in der Realität überhaupt nicht existiert. Wenn das, was sich bis heute so nannte, ein “Netzwerk ist”, dann ist alles und nichts ein Netzwerk. Ein “Netzwerk” mit einem Chef und “Managern” ist indes die Märchenstunde für den entmündigten Plebs.

Was aber wäre das “Fremde”, wenn es keine bösen Gesichter hätte und die Macht einer weltumspannenden Organisation? Jüdisch-bolschewistisch, islamistisch-sozialistisch – man wird noch erleben, dass letztere Kombination heraufbeschworen wird. Es wäre genau das, was der autoritäre Kapitalismus braucht, und ich bin eher überrascht, dass diese Option noch nicht gezogen wurde.

Schließlich sei noch hingewiesen auf das, was man vielleicht zu verbergen hat: Hoovers FBI hat versucht, Martin Luther King zum Selbstmord zu drängen, der sei sein letzter Ausweg, weil sie ihm eine Affäre nachweisen könnten und seine Frau unterrichtet hätten. Die Lehre daraus ist eben, dass es genau darum geht: Die Geheimnispolizei kann jederzeit jeden erpressen. Dazu kann und wird sie aus dem riesigen Fundus an Informationen schöpfen, diese nach Belieben auslegen und selbst welche hinzufügen. Aber wir sind ja keine Negerführer, was können sie uns schon wollen?