Wer will das genau sagen im Land der Kofferträger? Wenn ein hoher Parteifunktionär 100 000 DM ganz inoffiziell in dunkle Kanäle leitet, so hat das für ihn zur Folge, daß er nicht nur höchste Ministerweihen erhält, sondern ausgerechnet erst Innen- und dann Finanzminister wird. Zuständig für die innere Ordnung und die Ordnung der Finanzen. Der Bock als Gärtner.
Deutsche finden nichts dran, deutsche Journalisten schon gar nicht. Nach einer gewissen Schamfrist ist das alles vergessen. Herr Schäuble wurde nie angeklagt, aber auch nie entlastet – im Hinblick auf die Frage, ob sein Handeln mit hohen Staatsämtern ethisch vereinbar ist.

Und weil man solche Fragen hier nicht hören will, wird ein ausländischer Journalist, der noch fragt, mit Plattitüden abgespeist. Die Kanzlerin vertraue dem Minister, mehr sagt sie nicht dazu. Sie verweigert die Aussage. Das sieht nicht gerade souverän aus, eher ertappt. Man merkt, daß sie solche Fragen nicht gewöhnt ist. Der Mann wird ihr vermutlich auch nie wieder eine Frage stellen dürfen. Wenn schon einsilbig und schmallippig, so denke ich mir, dann doch besser mit der gar nicht so dummen Formulierung von Guido Westerwelle: “Das ist Deutschland hier”. An dieser Stelle hätte es gepaßt.

Korruption, das ist hier, wenn vor laufender Kamera etzwas eindeutig Illegales verabredet wird, dessen Durchführung zu einem bestimmten Termin vereinbart wird, wofür eine eine konkrete Geldsumme gezahlt wird. Der unmittelbare Zusammenhang wird deutlich erklärt und schriftlich fixiert. Alles andere ist keine Korruption. Diese findet daher auch nicht statt.

Noch viel weiter entfernt sind dieses Land und seine selbtgefälligen “Eliten” von einem auch nur rudimentären Gefühl für Interessenkonflikte. Hier, wo Korruption anfängt und endet, stellt sich jeder sein Persilscheinchen selbst aus und klüngelt munter drauflos, immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Anstatt sich freizuhalten von Einflüsterern und Einflußnehmern, sucht man die Nähe zu den Mächtigen, den Reichen und ihren Strippenziehern, duldet eine See von Lobbyisten und bildet Seilschaften mit jedem und allen, die irgendwann nützlich erscheinen.

Ein besonderes Beispiel dieser rücksichtlosen Mauschelei gegen die Interessen derer, von denen man sich in Position tragen läßt, ist der Sportskamerad Hubert Ulrich. Wenn schon Genosse Cohn-Bendit den Parteifeind einen “Mafioso” nennt, gibt das Anlaß zum Aufhorchen. Ulrich hat sich einen übermächtigen Ortsverband in Saarlouis gezimmert, der Delegierte quasi am Band und aus dem Nichts erzeugt. Ob die Mitglieder, die seine Hausmacht ausmachen, überhaupt existieren, wird angezweifelt.

Und wenn sich dann herausstellt, daß er noch bis Anfang Oktober auf der Gehaltsliste des FDP-Chefs Ostermann stand, der auch die Verhandlungen begleitete, fängt es arg an zu stinken. Ganz nebenbei bemerkt ist Ostermann überführter Steuerhinterzieher, Ulrich seinerseits hat sich laut Stuttgarter Zeitung damit hervorgetan, daß er PKWs mit Fraktionsrabatt an Land gezogen und verhökert hat.

Daß Ulrich also keinen Interessenkonflikt feststellt, wenn er eine politisch äußerst heikle Entscheidung durchpaukt und dabei ganz zufällig seinem Geldgeber in die Hände spielt, überrascht nicht wirklich. Es hat sich bei ihm wie bei so vielen wohl das Motto durchgesetzt: “Interessenkonflikt? Wieso? Dient doch alles meinen Interessen”. Solche Leute empfinden sich nicht nicht mehr als Diener zweier Herren, weil sie nur sich selbst dienen. Sie verkaufen das sich selbst und anderen so, daß es “der Sache dient”. Leider ahnen sie nicht einmal, daß sie damit ihrer eigenen Verdinglichung wörtlichen Ausdruck verleihen.

Daß das Ganze funktioniert, liegt nicht zuletzt an der Mentalität deutscher Parteigänger, die auch die Grünen in weiten Bereichen durchseucht hat. Da gibt es ein paar an der Spitze, die machen das schon. Die anderen nicken ab. Bloß nicht “zerstritten” erscheinen und offen Kritik üben. Schon gar nicht in genau solchen Situationen, in denen harsche Kritik notwendig wäre. Man will ja keinen Skandal provozieren, wodurch man genau diesen schafft.
Aus solchen Strukturen gehen also diejenigen hervor, die Gesetze verabschieden. Warum nicht, von der Demokratie haben sie sich ja auch schon verabschiedet.