Deutsche Polizisten wissen, wie es geht. Ein Befehl, den sicher niemand dokumentiert hat, rechtswidrig sowieso – Recht ist dazu da, gebeugt zu werden wie der Gang der Untertanen – und schon marschieren sie los. Der propagandistische Vollblödsinn von der “passiven Bewaffnung”, die seit Jahrzehnten ein Vorwand ist loszuschlagen, mündet in eine neue Qualität absurden Theaters: Regenschirme und Sonnenbrillen verstoßen also nunmehr nach Ansicht der Obrigkeit und ihrer Vollstrecker vor Ort gegen das ‘Vermummungsverbot’. Ein herausragender Schachzug – sofern man ein Brettspiel, das mit dem Gummiknüppel gespielt wird, als “Schach” bezeichnen möchte, denn so ist bei jedem Wetter ein Teil der Teilnehmer Anlass zur Prügelorgie. Nur nackte Demonstranten wären danach nicht vermummt, die kann man dann aber wegen Erregung öffentlicher Erregung festnehmen.

Wenn ein Beamter im Laufe sogenannter “Verhandlungen” über die Frage, auf welche Weise das Demonstrationsrecht ad absurdum geführt werden solle, seinen Erschießungsphantasien freien Lauf gelassen hat, klingt dies nicht wirklich nach Fiktion. Die bewaffneten und vermummten Polizeikräfte – was ist eigentlich das Gegenteil von “Elite”? – und Handlanger jedes halbirren Obersheriffs mit Hang zum Krawall sehen in Demonstrationen ganz offenbar nicht die Wahrnehmung eines demokratischen Rechts. Schlimmer vielleicht noch: Womöglich sehen sie das eben doch, sie können aber genau das nicht leiden. Sie als die Guten und ihre Führer als die Besten der Besten wissen doch stets besser, was sich gehört. Sie selbst sehen keinen Grund zu demonstrieren, im Gegenteil gilt ihnen die Versammlung freier Bürger/innen als Respektlosigkeit. Wenn sie als Beamte unter dem Befehl der Obrigkeit stehen, deren Autorität da offenbar angezweifelt wird, kann ja wohl etwas nicht stimmen.

Die Besten der Besten

Dass es Menschen gibt, die nur zu Demonstrationen fahren, um vermummt auf den Souverän einzuprügeln, kann niemand mehr ernsthaft bestreiten. Diese Leute sind häufig Berufsanfänger, viele mögen den Dienst in einer kasernierten Einheit, die ursprünglich eine bewaffnete antikommunistische Truppe war, welche nach 1968 auch gezielt auf Demonstrationen losgelassen wurde. Zwar sind die Bereitschaftspolizeien Ländersache, sie agieren aber überregional. Kurz gesagt erfüllen sie alle die Kriterien, die sie ihren Feinden vorwerfen.

Das Feindbild ist schon immer dumm gewesen, weil eben ein Feindbild, und inzwischen qualifizieren sich die verfassungsfeindlichen Schläger als Deppen der Nation, die bewaffnete Autonome nicht mehr von singenden Rentnern unterscheiden können. Solche Experten braucht es, wenn künftig immer häufiger Bürger/innen zusammengeschlagen werden müssen, die ihren Unmut kundtun. Dazu passt auch die rhetorische Aufrüstung gegen faule Arbeitslose, die man vielleicht bald in Massen vor sich haben wird. Tröstlich, dass die Honks, die das noch gut finden und sich mit ihrem primatenhaften Auftreten brüsten, keine Ahnung haben, was wirklich ein aggressiver Pöbel ist. Gegen den helfen auch keine Schusswaffen.

Die Aussichtslosigkeit demokratischer Opposition ist am Ende beinahe ein gutes Zeichen. Wut ist reichlich da, aber keine Hoffnung. Die parlamentarischen ‘Vertreter’ werden von niemandem mehr als solche betrachtet, der sich mit ihnen befasst. Die Exekutive tritt zunehmend feindlich auf, unter dem Befehl oft korrupter Regierungen. Dennoch wenden sich die Zornigen noch nicht autoritären Ideologien zu. Sie haben offenbar ein trotziges Vertrauen in eine Demokratie, von der sie wissen, dass sie anders sein muss als das, was von Parteisoldaten und ihren militanten Handlangern derzeit in Schutt und Asche regiert wird.