Das ist von ihnen übriggeblieben: Kleinbürger und Karrieristen, die sich hier auf Otto Wels berufen, dort rassistische Theoreme verbreiten, da die Pose der traditionellen ‘Arbeiterpartei’ üben und am nächsten Tag das Proletariat durch die Straßen jagen. Ein besonders Eifriger bei der Verfolgung der Verlierer des kapitalistischen Wettbewerbs ist Heinz Buschkowsky, dessen Mentalität von der eines faschistischen Denunzianten nicht zu unterscheiden ist. Er braucht Sündenböcke, stigmatisiert ganze Bevölkerungsgruppen und will sie verfolgt sehen.

Es langt ihm und seinesgleichen nicht mehr, Menschen zu beschimpfen, die aus der ökonomischen Verwertungskette fallen. Er muss ihnen nachstellen und sie drangsalieren. Der faschistische Kleingeist ist seit jeher so vorgegangen: Zuerst werden Assoziationen gebildet, bestimmte Eigenschaften und Tätigkeiten in einem Atemzug mit einer ‘Sorte’ Mensch genannt. Das geht ganz einfach, ich gebe ein Beispiel aus persönlicher Erfahrung:

In einer Kneipe fabulierte jemand laustark über “kriminelle Ausländer”, die man natürlich abzuschieben hätte und wunderte sich, als ich ihm deutlich machte, dass ich einen solchen Scheiß nicht hören wollte. Schon die Kombination ist nämlich der Zweck der Rede: Wenn man nur oft genug “kriminell” und “Ausländer” in einen Satz packt, verfestigt sich diese Assoziation. Genau das ist bereits erwünscht. Als nächstes kommt dann die ‘Maßnahme’, die der Volksverstand ja nur befürworten könne.

Niemand würde es für falsch halten, Kinder vergewaltigende Maurer oder mordende Handballer einzusperren. Das muss man wohl noch sagen dürfen. Nur kommt niemand auf die Idee, diese Verbindungen herzustellen. Natürlich kann und wird es auch solche geben, aber sie entsprechen keinem Klischee, an dem man sich abarbeiten kann, um Hass zu säen oder Lynchjustiz zu fordern.

Die Macht der Assoziation

Dazu eignen sich schon eher faule oder gefährliche Arbeitslose, Ausländer, Zigeuner, Juden, Moslems. Das Tabu über die Juden hält noch mäßig und wurde von Sarrazin schon einmal invers wieder eingeführt (sie seien intelligenter), alles andere erleben wir längst. Die Buschkowskys sorgen dafür. Das beste Beispiel ist dessen neueste Forderung, Arbeitslose via Facebook zu verfolgen.

Auch hier wie immer im Vordergrund der Verdacht, die Unterstellung, das Brandzeichen der faulen oder betrügerischen Arbeitslosen. Darauf setzt dann die weitere Hetze auf über die “Sozialschmarotzer” zu den “Asozialen”, die bereits vergast wurden für diese Einstufung. Wenn man die Buschkowskys hört, hört man von Faulpelzen, die jedes Recht verloren haben. Nicht von Menschen in Armut, sondern von Verbrechern, Betrügern, faul und dumm, die Verfolgung und Strafe verdient haben. Von anständigen Menschen hört man da nichts, die scheint es nicht zu geben oder wenn doch, sind sie offenbar irrelevant. Ein kurzer Bogen weiter im Kreis, dann landen wir dort:

Und dann kommen sie alle an, die braven 80 Millionen Deutschen, und jeder hat seinen anständigen Juden. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Jude.

Dem steht man gegenüber als Gutmensch, der in Arbeitslosen die Opfer des Systems sieht. Es ist strukturell exakt dasselbe. Dass Himmler in einer völlig enthemmten Atmosphäre eine noch brutalere Sprache an den Tag gelegt hat, ist nicht zu leugnen, aber er tat dasselbe: Diskriminieren, stigmatisieren, beleidigen, entrechten, der Verfolgung aussetzen. Buschkowsky kann niemanden in die Gaskammer schicken. Er kann eigentlich nicht einmal jemandem seine bürgerlichen Rechte aberkennen, aber er fordert dies, unter Missachtung der Rechtsgrundlage, auf der er sein Amt innehat.

Seine Begründung lässt ebenfalls nichts zu wünschen übrig und verdeutlicht, dass er willens ist, den Schritt vom Generalverdacht zur generellen Entrechtung zu gehen:

Vogelfrei in drei Schritten

Zur Öffentlichkeit gehören nun einmal auch Behörden mit einem gesetzlichen Auftrag, Missbrauch festzustellen und zu verhindern. Wer im Netz mit Vermögen und Schwarzarbeit prahlt, ist nicht besonders schlau und darf sich nicht wundern, wenn das Jobcenter sich für die Info bedankt.“

Aus diesem Satz trieft der Wille zur Lynchjustiz. Stilistisch spricht aus “bedankt sich” die reine Verachtung, denn was als höfliche Geste daherkommt, meint das Bestrafen, das auf Null Kürzen. Diese Technik ist pures Mobbing.

“Nicht besonders schlau” sind da welche, sie “prahlen”, und zwar mit Schwarzarbeit. Hat jemals wer von einem solchen Fall gehört? Welchen statistischen Wert hätte so etwas wohl? Geht es darum, Deppen zu sanktionieren, die sich einer Straftat rühmen? Nein. Es geht darum, diesem Popanz ohne jeden realen Bezug zum Anlass zu nehmen, alle Arbeitslosen zu beschnüffeln. Rhetorisch wird dieses Unrecht vorbereitet, indem man ihnen allen assoziativ Dummheit, Faulheit, Dreistigkeit unterstellt, zumindest geht hier der Wille zur Strafe vor jeder Rechtsstaatlichkeit.

Beinahe geschenkt, dass eingangs schon alles entsorgt wird, was mit der Rechtsordnung zu tun hat, die sich Mr. Recht und Ordnung für seine Verfolgungswut zurechtbiegt. Die Privatsphäre ist ausdrücklich die des Bürgers, in der der Staat nichts zu suchen hat. Dazu gehören selbstverständlich auch angeberische Äußerungen, die jemand in einem privaten Kontext von sich gibt, egal ob er dabei auf einer Bühne steht oder das Internet nutzt.

Beinahe geschenkt, dass für den Denunzianten die JobCenter Strafverfolgungsbehörden sind, die “Missbrauch festzustellen und zu verhindern” hätten. Hat man je von ihm gehört, dass diese Behörde Menschen helfen soll? Könnte man auch so sehen, wenn man selber einer ist. Nicht so die Buschkowskys mit ihrer Überzeugung, dass jeder kriegen soll, was er verdient. Die mit Feuereifer dafür sorgen wollen, dass keiner ungestraft davonkommt. Slogans wie “Arbeit macht frei” und “Jedem das Seine” sind ihnen auf den Leib geschneidert.