schoibagol2Schäuble fordert Portugal zum Sparen auf. Das ist so unsagbar dämlich, dass es allein deshalb schon ungeheuer provoziert. Solche Kommunikationsbeiträge sind inhaltlich nicht mehr verwertbar, weil sie sich zu allen Grundlagen der Vernunft konträr verhalten. Sie verstoßen gegen die Logik, jede Erfahrung und die Gesetze der Sprache, in denen sie formuliert werden. Dem Troll ist damit Aufmerksamkeit sicher – die der empörten Gegner, die ein Dutzend Anlässe finden, sich zu echauffieren und die derer, welche einfach Freude daran finden, anderen eins auszuwischen. Kaum nötig darauf hinzuweisen, dass Macht und Ohnmacht hier allerdings sehr real sind und die Konsequenzen ebenfalls.

Südeuropa ist an der Austerität bereits zu Boden gegangen, jetzt wird ihr von den Zuchtmeistern aus Deutschland noch mehr davon verordnet, auf die am Boden Liegenden noch eingetreten. Die sperrige Vokabel “Austerität” hat sich übrigens durchgesetzt, weil es kompletter Unfug ist, von “Sparen” zu reden, wenn einer nichts hat. Die Propaganda aber suggeriert, diese Portugiesen, Griechen, Spanier wollten unsere Reichtümer verprassen. So hat früher nicht ganz zufällig Kriegspropaganda geklungen, das Niveau liegt daher auch ziemlich genau auf dem der nordkoreanischen Diplomatie.

Derweil wird innenpolitisch dasselbe getrieben, auch hier sind die Ärmsten der Feind. Es war in der Kriegspropaganda des zwanzigsten Jahrhunderts üblich, den Feind als Tier darzustellen, als Monster, das seine Krallen gegen das Vaterland ausgefahren hatte und zu bekämpfen war. Diese Darstellungsweise hatte vor allen zwei Ziele: Die Gefahr sollte betont werden und die Leute, die es zu vernichten galt, ihrer Menschlichkeit beraubt. Da die Nazis es damit dezent übertrieben hatten, ist dergleichen inzwischen nicht mehr das Mittel der Wahl. Trotzdem werden die europäischen Staaten, die am meisten unter der Krise des Kapitalismus leiden, als “PIGS” bezeichnet.

Der Krieg und seine Sprache

Entwürdigung geht heute anders. Man wiederholt endlos, ein Leben müsse sich durch Arbeit verdient werden, um den Umkehrschluss zu etablieren: Wer nicht arbeitet, soll verhungern (“muss auch nicht essen”). Trotz einer Arbeitslosigkeit, die regional einen regelrechten Kahlschlag bedeutet, werden nach wie vor die Opfer der Flaute zu Tätern erklärt. Dabei bleibt es freilich nicht, zumal in Deutschland, wo dem Urteil die Vollstreckung folgt, weil das eben Vorschrift ist. Die faulen Arbeitslosen müssen nahtlos überwacht werden und ihnen unverzüglich ihr Unwert nachgewiesen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Wer sich von denen krank meldet, kann ja nur der Faulpelz der Faulpelze sein. So etwas gehört sanktioniert, denen wird “zu Leibe gerückt“.

Auch hier dasselbe Resultat: Während die einen sich fragen, warum der Verlust der Arbeitsstelle ein so schweres Verbrechen darstellt, dass den Betroffenen nachgestellt wird wie gefährlichen Kriminellen, dröhnt von der anderen Seite der Applaus derer, die noch nicht so tief gefallen sind – umso lauter, je größer ihre Angst ist. Dahinter stehen dann die bezahlten Claqeure derjenigen, in deren Interesse die Verschleierung der wahren Ursachen liegt. Eine beachtliche kritische Masse an Lügnern, die einheizt. Dabei sparen sie an keiner Projektion und werfen alles, was sie an sich und ihrer Situation hassen, dem Feind vor.

Wie gesagt: Solcher Techniken bedienen sich Trolle, wenn man sie lässt. Sitzen solche Trolle in der Regierung, bewegen wir uns allerdings auf einem anderen Terrain. Das ist jener Weg, den wir angeblich nie wieder gehen wollten. Da sind Nazivergleiche vollkommen unangebracht.