labyrEin unangefochtenes Totschlagargument ist jenes, die Alternative zum Kapitalismus sei “Planwirtschaft”. Diese muss nur genannt werden, sie gilt als das Grauen schlechthin, eine Art Terror der permanenten Fehlfunktion, der nur durch den Ritter “Marktwirtschaft” in die Flucht zu schlagen wäre. Wie so vieles, was die Priester der Alternativlosigkeit predigen, ist es gelogen, in diesem Fall sogar doppelt. Vor allem deshalb, weil der Kapitalismus ohne Planung nicht denkbar ist und diese in der Realität längst alle Züge der historischen pseudosozialistischen Staatswirtschaft angenommen hat.

Für viele ist es ohnehin wie eine Erzählung aus dem Mittelalter, wenn sie “sozialistische Planwirtschaft” hören, ein Spuk, von dessen Wirklichkeit sie nichts wissen. Tatsächlich war es so, dass die Bürokratie der Ostblockstaaten den Bedarf der Bevölkerung vorausplante und damit in vielen Bereichen vollkommen danebenlag. Das lag auch daran, dass es kein realistisches Feedback gab, für das ja im Kapitalismus angeblich schon der Umsatz sorgt. Bricht der ein, muss sich der Betrieb ändern. Ich kenne aus der Sowjetunion die Geschichte von dem Autowerk, das die Erfüllung des Plansolls dem Parteifunktionär bewies, indem die ‘vielen’ Autos an ihm vorbei paradierten, die dort hergestellt worden waren. Er bemerkte nicht, dass es immer dieselben Karren waren, die vorn aus der Halle heraus und hinten wieder hinein fuhren.

Sie haben Ihr Ziel nicht erreicht

Im Kapitalismus passiert so etwas nicht. Hier funktioniert Verknappung anders, der Vorgang ist komplexer. Vor allem aber wird in den Firmen und Konzernen geplant, und zwar haarsträubend falsch, nur in dem Sinne ‘erfolgreich’, als dass das Spiel auf Kosten der Mitarbeiter geht und die Shareholder genau wie früher die Bonzen nichts davon wissen wollen. Das geht so: Im unteren und mittleren Management ist ein Teil des Gehalts – der ganz erheblich sein kann – meist als Bonus vorgesehen. Diese Boni sind dabei von der Erreichung der Zielvorgaben abhängig. Diese Zielvorgaben wiederum werden in vielen Konzernen immer illusorischer. Sie haben keinerlei Bezug zur Entwicklung der Vorjahre oder einer realistischen Einschätzung der Marktentwicklung. Es ist das schiere Wünschdirwas, ausgelöst durch die Gewinnerwartungen, die bei den Aktionären erzeugt wurden.

Der Druck geht von den brutalsten “Marktteilnehmern” aus, die ihre dominierende Rolle dazu ausnutzen, optimistische, aber erreichbare Ziele vorzugeben, um damit Kapital anzulocken. Bleibt die Konkurrenz hinter diesen Versprechungen zurück, kann sie gleich einpacken, also verspricht sie das Blaue vom Himmel herunter. Unterhalb der Ebene derjenigen, die wissentlich solche Luftschlösser bauen, müssen aber alle ernst nehmen, was dort beschlossen wird. Dabei kommt es zu einer gnadenlosen Ausbeutung der Arbeitskräfte, aber zu keiner auch nur halbwegs zukunftsweisenden wirtschaftlichen Planung. Am Ende überleben nur die Stärksten dieses Spiel, es bilden sich Monopole.

Der Misserfolg der auch so genannten Planwirtschaft hat nichts damit zu tun, dass sie auf Planung beruht und “Marktwirtschaft” ist nicht effizienter, weil sie nicht plante. Beide Systeme zerbrechen unter anderem daran, dass sie sich gegen Feedback abschotten. Die Herren wissen nicht oder ignorieren, wie die Wirklichkeit der Massen aussieht. Geht man davon aus, dass auch eine Gesellschaft, die nicht in Herren und Diener unterteilt ist, auf Planung angewiesen bleibt, so bleibt die wichtige Erkenntnis, dass systemübergreifend das Gelingen des Feedbacks an die Planung notwendig ist. Dazu müssen die Informationen sowohl eine möglichst breite Basis haben als auch möglichst unverfälscht ankommen. Das Filtern der Informationen über Bedarf und Erfolg ist daher der Schlüssel zu einer guten Planung. Parteibürokratie war dazu ebenso wenig in der Lage wie der ‘Markt’ es ist. Was also dann?