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Wer hätte zur Jahrtausendwende gedacht, dass Europa und “der Westen” in einen Sumpf von Entrechtung, Brutalität und Chaos geraten würde? Als 2001 Passagierflugzeuge ungehindert in verschiedene Ziele in den USA eingeschlagen sind, hat das Bush-Regime dies genutzt, um Menschen- und Bürgerrechte weltweit zu zerstören, und zwar für die eigenen Bürger ebenso wie für die anderer Staaten. Dieser Gewaltakt einschließlich der folgenden Angriffskriege in Afghanistan, Irak und Pakistan wurde von den sogenannten “Rechtsstaaten” Europas mitgetragen.

Bis dahin war die Entrechtung immerhin weitgehend außereuropäische Praxis. Zwar wurden auch hier die Bürgerrechte eingeschränkt in puncto Datenschutz, Reisefreiheit und Privatsphäre. Die Einführung von Folter, staatlichem Mord und willkürlichen Verhaftungen blieb aber zunächst den USA und dem Einfluss ihrer Befehlsgewalt vorbehalten. “Demokratie” und “Rechtsstaat” waren damit aber schon so weit ausgehöhlt, dass hinter den Fassaden längst anderes wucherte.

Binnen weniger Jahre

In den kommenden Jahren musste man sich daran gewöhnen – die Amerikaner kannten kein Zurück, Deutschland beteiligt sich seitdem an seinem längsten Krieg seit dem 17. Jahrhundert, aber daheim blieb es friedlich und einigermaßen übersichtlich. Mit der Einführung des Euro wurde ein vermeintliches Gegenbeispiel gesetzt, ein Europa gefeiert, das auf dem Höhepunkt seiner Einigkeit angekommen war. Wer hätte im Sommer 2007 gedacht, dass schon bald das nackte Elend aufzieht und die letzten Fassaden einer angeblichen Demokratie wegspült?

Die Krise des Kapitalismus, die sich bis dahin ganz gut hatte kaschieren lassen, rollte über die Staaten, als Immobilien-, Banken- und Finanzmarktkrise, um bald darauf in seine dreist erlogene finale Form als “Staatsschuldenkrise” gegossen zu werden. Die Verbrecher zogen in die Polizeistationen; Bänker wurden zu Staatschefs, Finanzministern und Entscheidern hinter den Kulissen, bis mit dem “ESM” eine übergeordnete Instanz geschaffen wurde, ein Hauptquartier des Kapitals, aus dem die Befehle an die nationalen Regierungen und Parlamente ergehen.

Die Brutalität dieser Herrschaft ist sichtbar, greifbar, spürbar. Nicht in Deutschland, wo die Propaganda noch wirkt und die Verelendung nur schleichend vorankommt. Aber in Griechenland, Portugal, Spanien zum Beispiel. Während hier Arbeitslose noch immer als “faul” diskriminiert werden, sind dort schon teils über die Hälfte der Jüngeren arbeitslos. Wer dort solche Töne spuckt, spuckt bald darauf Zähne. Die Realität lässt sich nicht mehr leugnen. Was aber passiert dort jetzt?

Unterdrückung, das letzte Mittel

Demonstrationen, Gewalt auf den Straßen, Anwachsen des Rechtsextremismus, einzelne Revolten. Massenhafte Vertreibung aus Häusern und Wohnungen. Aufrüstung der Sicherheitsapparate, teilweise Zerfall der militärischen Polizei in Prügeltruppen und solche, die sich vor die Zivilisten stellen. Verscherbeln der Infrastruktur, Schröpfen der Bürger, die noch Einkommen haben. Derweil steiler Anstieg des Reichtums Weniger. Auswanderungswellen, Hoffnungslosigkeit, Armut, Ansteigen der ‘Kriminalität’.

Zu letzterem gibt es neue Highlights aus Griechenland: Das dortige Regime beschließt drakonische Strafen, auch für Jugendliche und ohne Schuldspruch. Die letzten Errungenschaften des im 18. Jahrhundert einmal erkämpften und vermeintlich unteilbaren Rechtes werden auch in Europa zertrampelt. Diesmal ganz ohne äußeren Feind, ohne Terrordrohung. Ganz einfach, weil Unterdrückung das einzige Mittel ist, was den Herrschenden noch zur Verfügung steht, um ihre Untertanen ins System zu integrieren.

Alles in allem eigentlich eine klar vorrevolutionäre Situation. Nur dass bislang die Hoffnung nicht recht aufkommen will auf etwas Besseres, für das die Menschen kämpfen können. “Sozialismus oder Tod” hieß es da früher einmal. Was sind heute die Alternativen?