einszweiSigmar Gabriel weiß wie es geht: Mit großer Überzeugung Inhalte vermitteln, die man im Leben nicht umzusetzen gedenkt. Er könnte der Erfinder des selbstkritischen ‘Weiter so!’ sein oder der ‘Korrektur ohne Veränderung’. Nur ‘Überholen ohne einzuholen’ war schon vergeben, das hat er aber sicher auch drauf.

Während er in Berlin nicht schnell genug seiner Kanzlerin hinterher dackeln kann und die Träume der Lobbyisten wahr machen hilft, gibt er sich im Interview mit der FAZ und dem ‘Kollegen’ Hollande verbal frisch und kritisch:

“… da stelle ich fest, dass wir Fehleinschätzungen korrigiert und uns neu ausgerichtet haben. Wir haben uns in der Vergangenheit gelegentlich zu stark an den neoliberalen Theologen orientiert. Dreißig Jahre lang galt das neoliberale Dogma, in Europa und weltweit.;

Nein, wir sagen, dass eine ausschließlich auf Austerität ausgerichtet Politik Griechenland und anderen Krisenstaaten nur schadet.

Zustimmung als Opposition

Ach ja? Und wo waren die Vorschläge der SPD, wo die knallharte Opposition gegen Merkels gnadenlosen Kurs? Hat sich das womöglich in der Zustimmung zu all ihren Gesetzen niedergeschlagen und wir haben das nur nicht verstanden? Oder liegt die Erklärung hier:

In Deutschland war es so, dass wir Sozialdemokraten von Anfang an für umfassende Rettungsschirme plädiert haben“?

“Rettungsschirme” für Banken bei forcierten Schuldenbremsen, Billionen für die Finanzwirtschaft, während die Menschen verarmen – das ist ja nicht wirklich “Austerität”, so lange die Reichen auf die Solidarität der “Sozialdemokraten” zählen können. Oder wie? Und wie erklärt man plausibel, dass Steinbrück, Steinmeier und die Seeheimer weiterhin fröhlich ihre neoliberalen Thesen verbreiten und als Kanzlerkandidaten gehandelt werden? Ich sehe da nur eine Möglichkeit: Gabriel schwätzt, während die anderen machen. So geht SPD, ein Konzept von PR-Profis, das satte 30% Zustimmung ermöglicht, obwohl es ohne Inhalt daherkommt. Rettungsschirme als “demokratischer Sozialismus”. Hut ab; wer bei solchen Lügen nicht erwischt wird, hat es zu wahrer Meisterschaft gebracht.

Die anderen demokratischen Sozialisten kann der Meister allerdings gar nicht leiden und wirft ihnen zeternd ihre Existenz vor: Lafontaine “habe es nun geschafft, zum dritten Mal in Folge einen CDU-Regierungschef ins Amt zu bringen“. Das macht Lafontaine, indem er der SPD eine Koalition anbietet, die von dieser abgelehnt wird. Raffiniert. So raffiniert, dass auch Cem Özdemir sich darüber erregt. Gäbe es die Linke nicht, bekämen ja SPD und Grüne deren Stimmen und könnten regieren. Ja sicher! Die Meister der kognitiven Dissonanz waren noch nie welche der Logik. Aber die ist bekanntlich auch verzichtbar in der Politik.

Tod einer Gurkentruppe

Ganz anders die FDP, eine Gurkentruppe, ein Verein von Versagern, der keinen Plan mehr hat, wie man Menschen vereimert. Das dürfte ihr Ende sein. Der angehende Generalsekretär der ein-Prozent-Partei, Patrick Döring, hat herausgestellt, was für ihn liberal ist: Die Meinungsäußerung “im Internet” müsse mit Klarnamen dokumentiert werden, während die Transparenz der Parteien eingeschränkt gehöre. Wer sich öffentlich äußert, muss zur Rechenschaft gezogen werden können. Wer eine Funktion innehat, genießt Immunität. Der Bürger von heute ist demnach Untertan oder Funktionär, Elite oder Betriebseigener, Chef oder Arschloch. Das ist nicht neu und nicht überraschend, beruhigender Weise aber als Programm wenig erfolgreich.

Denn das hat sogar der schnarchige Michel erkannt, dass die FDP ihn so sieht. “Tyrannei der Masse” nennt Döring die Einmischung des Volkes in die Politik. Das ist wie ‘Diktatur des Proletariats’, und jetzt kommt es doch endlich heraus: Demokratie ist Kommunismus, hieß es doch auch “Deutsche Demokratische Republik”. Diese Demokraten gefährden die freiheitlich demokratische Grundordnung und gehören vom Verfassungsschutz beobachtet.
Tja, wer nicht einmal kapiert hat, dass ein bisschen Fassade dazugehört beim Herrschen, verliert das Spiel. Ihr seid raus. Schön, dass ihr auch gar nicht mehr rein wollt.