Ich bin Autor. Wenn ich gefragt werde, ob ich es gestatte, dass jemand meine Texte übernimmt, sage ich gemeinhin nein, weil ich es für sinnvoller halte, einen Link zu setzen anstatt denselben Text x mal ins Netz zu stellen. Macht es jemand trotzdem, beschwere ich mich. Ich käme aber im Leben nicht auf die Idee, mich deshalb als “Eigentümer”, schlimmer noch als “geistiger Eigentümer” zu bezeichnen.

Man kann über solche Begriffe nicht im luftleeren Raum philosophieren, und “Eigentum” ist nicht nur historisch geronnene Enteignung und Unterwerfung, es ist auch aktuell ein Vehikel, das unter bestimmten Umständen auf bestimmte Weise geschützt wird. Was das Ganze noch schlimmer macht: Es ist übertragbar, man kann es verkaufen, dann hat es einen neuen “Eigentümer”. Das Label “geistiges Eigentum” repräsentiert nichts anderes als den Anspruch, die kapitalistische Verwertung auch noch auf immaterielles, am Ende im wahrsten Sinne “Ausgedachtes” zu erweitern, den Anspruch der Vermögenden auf das Ganze Leben, Sprechen und Denken der Besitzlosen zu erweitern.

Ein Popanz

Wenn Roberto de Lapuente zu dem Schluss kommt, er sei geistiger Eigentümer und sich dabei an den Dümmsten unter den ‘Kritikern’ der Urheberschaft abarbeitet, dann wendet er die Technik von Broder und Fleischhauer an, den Popanz, auf dem man herum prügelt, um eine andere Geisteshaltung zu diskreditieren. Ganz gleich ob das nun seine Absicht ist oder nicht. Wenn ihm jemand die Veröffentlichung seiner Texte in Buchform und deren Verkauf zum Vorwurf macht, so ist das kein Kritiker geistigen Eigentums, sondern ein Idiot. Dessen Äußerungen und deren Zurückweisung tragen herzlich wenig zur Debatte bei. Solche Leute sind nicht das Problem, sondern die Ablenkung davon.

Für sie zählt das geschriebene Wort, ein immaterielles Gut, überhaupt nichts“, wird da behauptet über vorgeblich “liberale Linke“. Nun ist es schon merkwürdig, wenn jemand aus der erklärten Sicht eines “Künstlers” meint, es “zähle” nur, was bezahlt wird. Selbstverständlich kann ich die Texte eines Autors schätzen, auch wenn ich sie kopiere oder gar seine Bücher stehle. Vollends lächerlich wird es dann, wenn einmal mehr der Diebstahl materieller Güter im Kontext mit möglichen Urheberrechtsverletzungen in einen Quark gerührt wird. Den Unterschied haben wir immer noch nicht oft genug erklärt?

Die Gefahr lauert woanders

Am Ende seien “Vorurteile gegen [...] Intellektuelle” der Grund, dass (solche) Anti-Neoliberale ebenso wenig Respekt vor Künstlern hätten wie Neoliberale. Dass die Ausbeutung von Künstlern sich aber des Konstrukts geistigen Eigentums bedient und es dazu geschaffen wurde, hätte ich doch gern problematisiert. Dass es häufig gar nicht schädlich, sondern sogar nützlich ist, illegal zitiert zu werden, ebenfalls. Vor allem aber, werter “Künstler”, macht es mich stutzig, dass du die Hoffnung auf ein Auskommen in die kapitalistische Verwertungskette investierst, die überhaupt kein Interesse daran hat, dass jemand wie du von seinen Texten leben kann. Es sei denn (ich weiß, das ist bösartig), du setzt dich künftig häufiger so vehement für den Schutz des Eigentums ein.

Im Endeffekt also bleibt ein geistiges Eigentor. Jemand wie ich, der noch zu unambitioniert ist, sich einen Verleger zu suchen, hat vielleicht gut Reden und ist schon so ‘post-materialistisch’, dass er nicht kapiert, was ihm entgeht. Ich erlaube mir dennoch die Einschätzung, dass die Leute, die sich gegen den Terror der Anmaßung von “Urheberrechten” stemmen, keinerlei Gefahr für dich darstellen. Im Gegenteil. So lange die Contentmafia die Autoren und Musiker im Würgegriff ihrer Macht haben, solange die Oligopole bestimmen, was wirklich veröffentlicht wird, ist der Schaden für dich und mich allemal größer, wenn “geistiges Eigentum” von geistlosen Juristen “geschützt” wird.