“Wir wollen nach vorn schauen”. Präsident Obama hatte bislang versucht, offizielle Untersuchungen zu Folter und Morden zu unterdrücken, die von US Geheimdiensten begangen wurden. In der Tat wird es kaum möglich sein, vor dem Rückzug der Truppen aus Afgahnistan und dem Irak weitere Enthüllungen zuzulassen, die gröbste Schindereien bekannt machen. Daß junge Soldaten ausbaden müßten, was Schweinehunde in der Etappe sich ausgedacht und deren willigste Handlanger vor Ort ausgeführt haben, gäbe ihm beinahe recht.

Beinahe, denn wenn ein Krieg nicht geführt werden kann, ohne daß die von den eigenen Leuten begangenen Greuel Rachetaten hervorrufen, dann darf er eben nicht geführt werden. Und wie absurd ist eine “Mission”, die ein Land unter solchen Umständen “zivilisieren” soll? Afghanen wie Iraker hatten längst vor dem Einmarsch der Befreier unter Beweis gestellt, daß sie auch selbst foltern können.

Aber es geht um etwas anderes, und da ist Justizminister Holder für sein Beharren zu danken. Es geht nicht um die Wirkung auf Truppen oder Taliban, es geht eben um die Rolle der Befehlshaber, zuerst und zuletzt denen aus der Bush-Administration. Was können die Truppen verlieren, wenn ein menschlicher Abgrund wie Dick Cheney ausgelotet und in ihm Massenvernichtungswille gefunden würde? Was wäre, wenn nicht Lynndie Englands Phantasien in den Folterknästen ausgelebt worden sind? Was, wenn es da noch ganz andere Einfälle gab und was, wenn sich am Ende ein Szenario auftut, das Auschwitz näher kommt als allem, was noch mit Demokratie und Rechtsstaat zu tun hat? Verschweigen, weil es die Mission gefährdet?

Gefährdet ist der Rest menschlichen Anstandes, der gerade aus den Ruinen einer US-Präsidentschaft wieder auferstehen kann. Sollte das alles unter Teppich gekehrt werden, was rund um die großen Feldzüge der Haliburton-Regierung an Dreck angehäuft wurde, braucht man nicht nur einen verdammt großen Teppich, sondern auch einen unbeugsamen Willen zur Solidarität mit den Tätern.
Was wäre gefährdet, wenn man sich endlich mit der Wirklichkeit auseinandersetzte? Was außer der Unangreifbarkeit von Monstern wie Cheney, Rumsweld, Wolfowitz und ihres Pappkameraden George W.?

Überhaupt, die Gefahr: Wenn unter ihren Augen Menschen geschunden werden, sehen sie keine Gefahr. Sonst überall: Als Luftspiegelung von Massenvernichtungswaffen, als Volk von Terroristen, als Terrordrohung aus der Nachbarschaft und neuerdings als Feind aus der Schachtel. Ernsthaft machen sich da welche Sorgen um die Gesundheit der Soldaten und wollen ihnen das Rauchen verbieten. Das kann nämlich tödlich sein.

Aber da wir des Pudels Kern kennen, dürfen wir vermuten, daß es die Tabakindustrie selbst ist, die ihre Lobbyisten losgeschickt hat, um das Bild von GI mit der Kippe im Kinn aus den TV-News verschwinden zu lassen. Es dürfte längst geschäftsschädigend sein, daß diese verrohten Verlierer dauernd mit den teuer beworbenen Qualitätsprodukten der ehrenwerten Industrie herumlaufen.
Man kann sich um die US-Soldaten viele Sorgen machen, nur eine sicher nicht: Einen Ruf haben sie nicht mehr zu verlieren.