Er kann’s nicht lassen, der Experte für die Fortsetzung seiner Politik mit allen Mitteln. Der Verweser der Grünen, der aus einer linken ökopazifistischen Gruppierung eine Truppe neoliberaler Bellizisten geschmiedet hat, reitet gen Teheran. Erschreckend verräterisch ist seine Sprache, die dem begnadeten Redner entgleitet, wo er zum Kern der Sache kommt:

Das Jahr 2012 verspricht in der Causa Iran daher sehr kritisch zu werden.

Es geht um Krieg und Frieden, um einen Atomkrieg womöglich, ein Szenario, das ihm als Gruselkulisse durchaus gefällt, aber in einem solchen Satz nicht ausreicht, um die angemessene Form zu wahren. Was das Jahr 2012 “verspricht”, weiß ich nicht, aber im gegebenen Zusammenhang muss es definitiv heißen: “Das Jahr 2012 droht in der Causa Iran daher sehr kritisch zu werden”.

Krieg – wie interessant!

Für Fischer aber ist das ein interessanter Fall, in dem es um Bündnistreue geht, um “Solidarität” mit Israel, strategische Belange und staatsmännische Entscheidungen. Das verspricht er sich davon. Der Iran, so weiß er, will Atomwaffen, Atomraketen gar, die sogar Europa bedrohen:

An dieser Absicht der iranischen Führung kann es meines Erachtens keinen vernünftigen Zweifel geben, denn ansonsten machte das iranische Nuklear- und Raketenprogramm keinen Sinn, sondern wäre nur sinnlose Geldverschwendung.”

whynotNa klar, wollten sie nicht angreifen, würden sie sparen. Fischer, der sich immer wieder zum Experten für alle Länder erhebt, zumal die des Nahen Ostens, erwägt noch nicht einmal, dass es um etwas anderes gehen könnte. Um Stolz, Status und Drohgebärde zum Beispiel. Im übrigen darf man sich durchaus auch fragen, ob der Erwerb von Atomwaffen nicht die bizarrste Geldverschwendung überhaupt sei. Aber jemandem, für den auf Seiten der Guten Massenvernichtungswaffen zum Interieur gehören, liegen solche Fragen fern.

Alle Verhandlungsversuche haben sich als Sackgasse erwiesen“, fügt Fischer an und beschreitet den Weg, der schon in der ‘Causa Irak’ zum Krieg geführt hat. Der Unterschied ist freilich der, dass der Iran tatsächlich das Potenzial hat, Atomwaffen zu bauen. Was aber folgt daraus? Für Fischer verspricht das nächste Jahr nur folgende Optionen:

Krieg oder Nuklearmacht Iran? Oder eine durchaus realistische andere Variante: Krieg und dann Nuklearmacht Iran?

Verhandeln ist keine Option

Na Hauptsache Krieg. Dass die Alternativlosigkeit des Bombens und Mordens durch den Aufstieg Irans zur Atommacht gerade eben durchbrochen sein könnte und unbedingt das Gegenteil erfordert, sollte man doch meinen. Oder ist der Atomkrieg inzwischen eine Option unter anderen?

Fischer hat aus den “Geschichtsbüchern”, die er zitiert, nichts gelernt, hantiert mit der Brutalität verheerender Kriege lässig wie ein Cowboy mit seinem Colt und erkennt die einfachsten Sachverhalte nicht. Die Region befindet sich in einem Kalten Krieg. Israel ist nicht mehr die einzige Macht, die mit totaler Vernichtung drohen kann. Es ist nicht mehr zu vermeiden, dass gerade die ehemalige ‘Option’ des Einsatzes von Atomwaffen zur Vernichtung Israels führen könnte – egal, wer (zuerst) zuschlägt.

Die Konsequenz daraus kann nur sein, endlich auch die Interessen der anderen Völker des Nahen Ostens zu respektieren, sie als gleichberechtigte Verhandlungspartner zu betrachten und Israel die Krallen zu stutzen. Wenn Iran oder sonstwer ein fragiles ‘Gleichgewicht des Schreckens’ herstellt, ist Krieg genauso wenig eine Option wie zwischen der NATO und der Warschauer Vertragsorganisation. Es gibt nur noch einen Weg: Abrüstungsverhandlungen. Vielleicht erkennen die Beteiligten an solchen Verhandlungen ja auch endlich wieder, dass auf beiden Seiten Menschen sitzen.