Ich lasse mich abwracken. Nach diesem Wochenende bin ich endlich so weit, daß ich erkennen muß: Zwofünf werden für mich nie wieder geboten, und es gibt Tage, da wünscht man sich den Frieden der Gruft. Nun wäre es der reinste Hohn, wenn ausgerechnet ich in der Schrottpresse verwertet werden würde. Daher belasse ich es beim übertragenen Sinn und trenne mich von meinem Auto. Ganz zufällig komme ich aktuell in den Genuß der Erfahrung, wie sinnig “der Markt” reagiert, wenn man ihm “hilft”.
Ich hatte mir nämlich vor vier Wochen aus einer Laune heraus ein Angebot von einem Autohaus machen lassen. Meine olle Mühle war schon zwöf Jahre alt und hatte 200.000 km runter, da dachte ich mir: Wenn ich eh mit meinen Steuern diesen Blödsinn finanziere, vielleicht zwingen sie mich ja, davon auch zu profitieren.
Der geschniegelte Schönsprecher, mit dem ich also ins Gespräch kam, machte mir ein akzeptables Angebot, das ich dann in Ruhe daheim studierte. Ich habe das durchgerechnet und bin zu dem Schluß gekommen: Muß nicht. Ich fuhr einen Toyota Starlet, den ich sehr mochte und der seit zehn Jahren nicht mehr gebaut wird. Ich beschloß, ihn zu behalten, bis er sich von selbst zerlegt.
Das Dumme kleine Ding! Keine vier Wochen später ging auf der Bahn das gelbe Lämpchen an und die Temperaturanzeige deutete auf den Himmel über mir. Dorthin wollte er also. Da er sich das sehr innig wünschte und mich davon überzeugte, indem er die Zylinderkopfdichtung und den Kühler platzen ließ und bei der Gelegenheit auch dem Zahnriemen die letzte Ölung gab, hatte ich ein Einsehen. “Meine Frau, mein Auto, mein Haus”, dachte ich nur. Nein, obdachlos bin ich noch nicht, aber das Jahr fängt echt gut an.
Zurück zum Thema: Ich rief also bei Schniegel an und erinnerte ihn an sein Angebot. Er druckste erst ein wenig herum und erklärte mir dann, daß es nicht mehr gilt. Der Rabatt ist gestrichen, die Karre soll jetzt 1500 Euro mehr kosten. Was soll man auch mit Rabatten, wenn es eine Abwrackprämie gibt? Der Staat finanziert’s doch – dann kann man die Kohle ja komplett einstreichen.
Dieses Marktverhalten ist nur noch jemandem nachvollziehbar, der sich für unwiderstehlich hält und “Kunden” für etwas weitgehend Entbehrliches hält, das lediglich dazu gut ist, bündelweise Geld in die Kasse zu werfen. Ich habe Schniegel diesen Umstand nicht weiter erklärt, ihm verdeutlicht, daß ich mich auch von ihm trenne und ihm “viele zufriedene Kunden” gewünscht.
Der Trend scheint sich derzeit duchzusetzen. Auch ein anderer Anbieter, den ich am Samstag aufgesucht habe, zieht seine Rabatte zurück, hat aber immerhin eine klare Frist gesetzt, innerhalb derer sie noch gewährt werden. Ich werde am Montag den Kaufvertrag zurückschicken und mir eben dort ein Auto bestellen.
Der Markt für Gebrauchtwagen ist derweil im Eimer. Ich hätte ja lieber ohne Händler ein KFZ erworben, aber was willste machen?
Die Konjunktur ist kräftig angekurbelt am Automarkt. So kräftig, daß sie schon völlig besoffen sind und nach ein paar Wochen Erfolg ihre Kunden von morgen verprellen. Wenn man gerade in Deutschland die Ursachen für Wirtschaftskrisen sucht, so sollte man nicht außer Acht lassen, daß die Verachtung der Endabnehmer, des Zahlviehs, des Kundenpöbels, genau so tief sitzt wie die der schwitzenden Kostenfaktoren in der Produktion. Wirtschaft könnte so schön sein, wenn die glänzenden Effizienz ausstrahlenden Produkte sich nur endlich selber kaufen würden. Aber das kriegen wir auch noch hin.