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März 2008


Daß der Eilantrag bezüglich “Vorratsdatenspeicherung” vom BVerfG eine weitere Klatsche für Schäubles wilde Bande ist, freut mich. Andererseits wird das Spektrum überwachungswürdiger Straftaten zwar eingeschränkt, aber die Liste ist noch verdammt lang. Wenn ich das recht verstehe, dürfen für alle diese Delikte prinzipiell die gespeicherten Verbindungsdaten genutzt werden. Die Einschränkung der Nutzung der Daten hängt überdies in der Praxis von der Praxis ab. Da und soweit kein generelles Verbot der Speicherung der Daten ausgesprochen wird, ist Übles zu erwarten. Denn die Atmosphäre bei den Sicherheitsorganen ist geprägt durch ein deutliches Ungleichgewicht: “Im Zweifel für die Überwachung” ist das Motto. Und das Nähere bei den Ermittlungen vor Ort regelt leider kein Verfassungsgericht mehr.

Stellvertretend für die deutsche und internationale Bankenwirtschaft fordert Josef Ackermann jetzt Eingriffe der staatlichen Zentralbanken, um das zu reparieren, was der freie Markt an Schaden angerichtet hat. Auf der Homepage der “Initiative Finanzstandort Deutschland”, einem Zusammenschluß der deutschen Finanzwirtschaft, ist heute noch zu lesen:
Insofern entfaltet die anfangs vor allem von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auf den Weg gebrachte Initiative allem Anschein nach eine integrative oder sogar “befriedende” Wirkung. Eine zentrale Forderung der Initiative ist die, dass sich staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen grundsätzlich auf ein Minimum beschränken sollten. Die Rechtsetzung müsse auf dem Leitbild des mündigen Bürgers beruhen. Der Eigenverantwortung der Marktteilnehmer sollte grundsätzlich Vorrang vor staatlicher Regulierung eingeräumt werden“.
Ein Minimum, das heißt wohl, sie sollen eingreifen, wenn die Gewinne derer schmilzen, die sonst ungehemmt Zocken wollen. Es wird vor allem heißen, daß die internationale Finanzwirtschaft sich weiter ihre Kreditwürdigkeit selbst bescheinigen will, ohne daß dies einer staatlichen Kontrolle unterliegt. Das genau aber hat maßgeblich zur aktuellen Krise beigetragen.
Ohne die Chance nutzen zu wollen und wenigstens das Notwendigste an Kontrolle auszuüben, stößt Peer Steinbrück in dassselbe Horn. Er steht Gewehr bei Fuß und bietet Hilfe an. Wenn der Finanzminister aber Ackermann und Kollegen die Hand reicht, sollten subito die Handschellen klicken: Hilfe nur gegen effektive Kontrolle, alles andere sind Subventionen á la Nokia.
Steinbrück meinte übrigens 2006 noch:
Es kann nicht das alleinige Ziel des modernen Staats sein, jeden Einzelnen gegen alle Unwägbarkeiten des Marktes zu schützen[...]Was aktivierend wirkt, muss bleiben, und es kann sogar ausgebaut werden, wenn zugleich alles das abgebaut wird, was zu Passivität und übertriebener Anspruchshaltung führt.“. Damals bezog er sich freilich auf Hartz-IV- und andere Leistungsempfänger. Ob es wohl, auf die Banken übertragen, “aktivierend” wirkt, wenn man ihnen jetzt signalisiert, daß sie jederzeit irsinnige Gewinne durch faule Kreditspielchen einstecken können und man ihnen aus dem Sumpf hilft, wenn sie sich verzocken? Wenn schon öffentliche Gelder draufgehen, und sei es auf dem Umweg über eine höhere Inflation, dann kann man das doch auch anders regeln: Indem die Staaten eine Handvoll Großbanken zum Schnäppchenpreis übernehmen. Das gibt Sicherheit, und in Zukunft darf der Steuerzahler mitverdienen, wenn es an den Märkten aufwärts geht. Aber das wäre wohl böser Staatssozialismus.

Als ich gestern von einem neuen Gesellschaftsvertrag schrieb, meinte ich gerade nicht, daß man Politik am Wähler vorbei machen solle. Propaganda und Lobbyismus gehen dort Hand in Hand, wo private Interessenten versuchen, direkt Einfluß auf Gesetzgebungsverfahren zu nehmen. Das nimmt skandalöse Formen an, wenn sich etwa ein Arbeitsminister die Gesetze gleich diktieren läßt. Und es herrscht in gewissen Kreisen, die sich gern “moralisch” geben, tatsächlich die Ansicht vor, sie seien etwas Besseres und hätten daher das Recht auf mehr Einfluß im Staat. Ein selbsternannter “Frankfurter Zukunftsrat” faselt von “geistige(r) Elite”, die man sei und auf die die Politik zu hören habe. Proklamiert wird dieser Anschlag auf die Demokratie von Mafred Pohl, einem alteingesessenen Lautsprecher der Deutschen Bank und der angeschlossenen Interessensverbände. Empfehlenswert hierzu ist ein Blick auf den “Konvent für Deutschland“, den er mitbegründet hat. Hier findet sich von Clement über Henkel und O.Metzger bis hin zum Steuersparfuchs Lambsdorff die Creme de la Creme der neoliberalen Demagogen. Das ist die “geistige Elite”, deren Weisheit Deutschland glücklich macht:
Wir leben in Deutschland im Schlaraffenland und merken nicht, dass der süße Brei naht. Die geistige Elite muss mehr politische Verantwortung übernehmen und ihre Ergebnisse interdisziplinär zu kurzen, ganzheitlichen Konzepten zusammenführen, um Deutschland vor dem süßen Brei zu schützen“.
Vor dem Brei, den der Mann da faselt, sollte uns allerdings jemand schützen, allerdings nicht, weil er “süß” wäre. Vielmehr ist seine Rede wirr, tendenziös und substanzlos. Diese “Elite” werden wir uns merken – und sie aufmerksam beobachten.

Diese Vokabel gilt “der Wirtschaft” als rotes Tuch. Umverteilen wollen nach der Ideologie “liberaler” Ökonomen nur Sozialisten, die nicht wissen, daß man das Geld “verdienen” muß, das man ausgibt. Wenn also Politiker meinen, es sei ihre Aufgabe, für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, indem sie den Ärmeren mehr zukommen lassen wollen, ist das “Umverteilung”. Man müßte den Leistungsträgern etwas wegnehmen. Dadurch würde Leistung unattraktiv. Das wiederum würde die Wirtschaft lähmen bzw. sie würde abwandern. Das ist dann “Globalisierung”.
Das Wort “Umverteilung” deutet aber bereits auf eine Art negativen Etikettenschwindel hin. Wo etwas Um-verteilt wird, muß ja zuvor etwas verteilt worden sein. Es geht also, und nichts anderes ist Wirtschaft, um Verteilung. Daß Marktwirtschaft durch den Anreiz persönlicher Bereicherung (bitte wertfrei vestehen!) eine Dynamik entwickelt, die anderen Formen des Wirtschaftens fehlt, ist unbestritten. Darin liegt ihre große Stärke: Wo jeder durch Arbeit und Einsatz anderer Ressourcen etwas erreichen kann, ist stetig ein Motiv vorhanden, zum Erfolg des Systems beizutragen. Und dieses Prinzip hat in Europa, vor allem in der BRD, lange gut funktioniert. Es hat funktioniert, obwohl die Ressourcen schon immer ungerecht verteilt waren. Es hat funktioniert, obwohl wenige von Anfang an viel mehr vom System profitiert haben als andere. Und es hat hat so gut funktioniert, daß es einen breiten gesellschaftlichen Konsens gab dahingehend, daß die politische und wirtschaftliche Ordnung bejaht wurde. Zwar gab es auch immer radikale Kritiker des Systems, einige weniger helle, andere womöglich visionär. Aber es gab es den großen Konens, und die Deutschen glaubten an ihre Aufstiegschancen. Motto: “unsere Kinder sollen es einmal besser haben”.
Dieses Bild hat sich gewandelt. Obwohl die wirtschaftliche Situation in Produktion und Außenhandel nahezu perfekt ist, herrscht die nackte Angst. Angst, keine Rente zu bekommen, Angst, arbeitslos zu werden oder zu bleiben, Angst, sich keine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mehr leisten zu können. Deutsche Betriebe legen Jahr für Jahr neue Exportrekorde hin, die Gewinne sind mehr als stattlich, Manager und Unternehmen verdienen sich zeitweise dumm und dämlich.
Derweil wird nach einer chancenlosen Unterschicht, die mangels Bildung und Fähigkeit an keine Zukunft mehr glaubt, inzwischen auch die Mittelschicht abgehängt. Der Konsens ist zerbrochen, das Vertrauen in Aufstiegschancen und wirtschaftliche Gerechtigkeit ist zerstört.
Dieses Problem ist nur zu einem kleinen Teil erkannt. Im öffentlichen Diskurs finden Debatten statt, die nicht im mindesten der aktuellen Situation gerecht werden. Auf der einen Seite stehen neoliberale Marktanbeter, die keine Lösungen für die Verteilungsproblematik anbieten. Nach dem “Weiter so!” kennen sie nur noch ein “shut up!”, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Sie machen sich und anderen weis, die Wirtschaft werde es schon richten. Man bräuchte nur genug Wachstum, dann gehe es allen gut. Daß selbst bei annähernd optimalen Wachstumsbedingungen die Schere weiter auseinander klappt, ignorieren sie. Eingriffe (des Staates), die die Fehltentwicklung korrigieren könnten, gelten ihnen als “Staatssozialismus” und Wachstumsbremse. Anstatt sich intellektuell mit den Problemen auseinanderzusetzen, betreiben sie substanzlosen Lobbyismus und Propaganda.
Auf der anderen Seite stehen politische Kräfte, die eine gerechtere Verteilung fordern. Die dazu notwendigen Mittel sind zu einem beachtlichen Teil Klassiker. Sie sind Klassiker des Rheinischen Kapitalismus, aber auch Klassiker des Sozialismus. Ob diese Mittel tauglich sind, wird nicht diskutiert. Entweder sie werden in Bausch und Bogen abgelehnt, weil sie eben “sozialistisch” seien, oder es wird behauptet, sie seien in einer globaliserten Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß.
Man darf allerdings davon ausgehen, daß es so einfach nicht sein wird, Geld von oben nach unten zu verteilen. Es wäre angesichts des groben Ungleichgewichts zweifellos gerecht, aber es würde sich daraus nicht unbedingt ein stabiles System ergeben, das auf die Dauer besser wäre als das herrschende. Die Linke wird nicht ganz zu unrecht argumentieren, daß man das Experiment wagen solle. Schließlich kann es so nicht weitergehen. Bis heute muß man allerdings feststellen, daß auch auf dieser Seite mehr gefordert als nachgedacht wird. Dazu werden die Linken aber quasi gezwungen, denn über konkrete Schritte und Maßnahmen darf ja nicht diskutiert werden. Ernsthaft ist dann die Rede von einer “neuen DDR”. Man könnte mit noch viel mehr Recht vom neuen “Manchester” reden, aber das bringt uns auch nicht weiter.
Die Frage ist offen: Wie kann man ein Wirtschaftssystem erhalten, das eine ausreichende Produktion und ausreichend freien Handel bietet, so daß es stabil wachsen kann? Und wie kann man gleichzeitig dafür sorgen, daß die Verteilung der Ressourcen weniger ungerecht zugeht, damit die Staatsbürger nicht des Ganzen überdrüssig werden? Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, den inneren Frieden durch Sicherheitspolitik und Propaganda herzustellen, sondern um eine annähernd gerechte Verteilung.
Zu diesem Problem höre und sehe ich nichts von den hohgelobten Wirtschaftswissenschaftlern und den politischen Akteuren der sogenannten “Mitte”. Vielleicht fangen sie endlich damit an, wenn die Linke zur stärksten politischen Kraft geworden ist? Aber selbst dann würden die Genies, die sich heute als “Weise” präsentieren, nur den Untergang des Abendlandes beweinen, anstatt ihre Hausaufgaben zu machen.
Von der Linken sollte man erwarten, daß sie wirklich zukunftsfähige Konzepte erarbeitet, die sich der Wirklichkeit anpassen. Anders herum klappt das schon prima. Sie sollte sich nicht davon beeindrucken lassen, daß auf der Brücke der Titanic ein anderer Kurs bevorzugt wird. Zumindest die Rettungsboote könnte man schon mal in Schuß bringen. Wenn der Dollarcrash und die nächste Wirtschaftskrise einsetzen, sind weder hämisches Besserwissen noch alte Glaubensbekenntnisse gefragt. Ein radikal neuer Gesellschaftsvertrag ist vonnöten.

Der Seeheimer Kreis hat offenbar die Nachfolge des Kommunistenfreundes Kurt Beck bereits geregelt. Auf ihrer aktuellen Website heißt es:
Im Gegenzug wird Franz Müntefering als neuer Parteivorsitzender vor der schwierigen Herausforderung stehen, [...] deutlich zu machen, dass der begonnene Reformprozess der Agenda 2010 unumkehrbar ist“.
Oder haben sie die Wahl von Kurt Beck nicht anerkannt? An seiner Stelle würde ich dringend einmal nachfragen.

spontit
Nach der Enttäuschung neulich ist heute alles dabei, was investigativen Journalismus ausmacht:
Titten, Porsche, ein süßes Knuddeltier und endlich auch wieder die Hitlers. Anbetungswürdig.

…dürften wir bald so etwas lesen:
Die Betrüger von Hessen werden unnachgiebig abgestraft. Nach einer Umfrage von Forza liegt die Partei des gefährlichen Verräters Beck inzwischen unter zwei Prozent und wird nie wieder die Ehre eines deutschen Parlamentes beschmutzen.
Was ist eigentlich Kampagnenjournalismus? Es vergeht seit Wochen kein einziger Tag, an dem SpOn und andere Medien Beck nicht in den Abgrund schreiben. Und dieselben Helden, die erst offen zur Wahl Merkels aufgerufen haben, dann unüberbietbar tendenziöse Artikel raushauen wie aus der Stalinorgel, fragen dann bei abhängigen Meinungsinstituten nach der angeblichen “Stimmung im Volk”. Diese Lügen sind so bodenlos, daß man sich selbst als überzeugter Kritiker der SPD vor dem Willy-Brandt-Haus anketten möchte, um sie davor zu schützen.
Das Problem ist nur, daß der Feind in den eigenen Reihen sitzt. Die Seeheimer und Schröderianer warten nur darauf, den nächsten Parteivorsitzenden loszuwerden. Ihnen wäre eine SPD am liebsten, die zwar nur um die zehn Prozent der Wählerstimmen bekäme, dann aber mit der CDU und nötigenfalls der FDP einen stabilen neoliberalen Block bilden würde. Entweder sie stellen sich so etwas vor, oder sie haben tatsächlich keine Ahnung, in welcher Partei sie Mitglied sind.
Nehmen wir für heute einmal Peer Steinbrück: Der Mann hat als Ziehkind von Wolfgang Clement in NRW für die SPD kandidiert und dem Land damit nach 50 Jahren Sozialdemokratie endlich eine schwarzgelbe Regierung beschert. Danach wurde er von Schröders Resterampe nach Berlin geholt, um schließlich unter Merkel Finanzminister zu werden. Als solcher vollstreckt er den größten Wahlbetrug seit der Wende 1982: Unter seiner Ägide wurde die Mehrwertsteuer um satte 3% erhöht, obwohl die SPD im Wahlkampf damit gepunktet hat, mit ihr werde es auf gar keinen Fall irgendeine Erhöhung geben. Aber nicht nur das. Die extrem unternehmer- und großverdienerfreundliche “Steuerreform” von Schröder und Clement bleibt unangetastet. Niedrige Einkommen werden viel zu hoch besteuert. Dies führt dazu, daß nicht nur die Bruttoeinkommen “oben” und “unten” auseinanderdriften, sondern auch die Steuerlast sich zu Ungunsten der Ärmeren verschiebt. Dabei sind Möglichkeiten zur Steuerflucht noch gar nicht berücksichtigt.
Für diese “Sozialdemokratie” steht ein Peer Steinbrück, und das versteht er unter “Ehrlichkeit”. Er kann das ohne rot zu werden jedem Journalisten erklären. Und die allermeisten Kreaturen dieser Charge suhlen sich inzwischen derart hemmungslos in den Dickdärmen der Regierung, daß das dem Volk ungefiltert als “Wahrheit” angedreht wird.
Diese Mischpoke aus Amtsträgern und ihren Vasallen kommt uns moralisch, wenn es darum geht, ob eine “Linkspartei” regieren darf oder nicht. Diese charakterlosen Hanswurste plärren uns etwas von “Gewissen” vor, das plötzlich soll, was es sonst nie darf: Fraktionsbeschlüsse torpedieren und die eigene Führung in die Pfanne hauen. Das ist die neue politische Moral ausgerechnet derjenigen, die die Lüge im Wappen führen. “Sozial” nennen sie sich und “demokratisch”. Sie hetzen erbarmungslos gegen Arbeitslose, tun alles dafür, daß die Mehrheit immer weniger hat und zwei Drittel der Menschen um ihre Rente fürchten müssen – bzw. sicher sein können, daß sie keine bekommen. Ihnen ist nach der Wahl alles egal, was sie vorher versprochen haben, und wer sich nicht an Fraktionsbeschlüsse hält, wer auch nur andeutet, anders zu denken, wird von ihnen gemobbt, daß ihm Hören und Sehen vergeht.
Die SPD ist zerrissen, ja. Schröder hat sie sturmreif regiert, und das gefällt den Neoliberalen so gut, daß sie alles tun, um den Seelenverkäufer von einem Riff aufs nächste zu lenken. Aber ich werde nicht müde, zu behaupten: Die Wähler interessiert dieses Getue nicht. Es wird keine neoliberale Mehrheit mehr geben.
Es sei denn, und allmählich höre ich die Nachtigall trapsen, das ganze Theater sei die Vorbereitung auf Wahlen à la Florida. Der Computer könnte das vollenden, wovon die geschmierten Finken nur trommeln können.

SpOn hat’s geschafft: “Steinbrück gibt Wahl 2009 verloren“, salbadern die journalistischen Pinscherterrier von der Standspur des Elbtunnels. Wahlversprecher Peer Mehrwert funkt so geschmiert seine Weisheiten heraus, daß Merkels Medienmob mit dem stenographieren gar nicht mehr nachkommt. Man weiß bald nicht mehr, wer da für was bezahlt wird. Wie dumm, daß die Kapitulationsurkunde nicht einfach vom unzuständigen Minister unterschrieben werden darf. Die Wähler könnten ihn furchtbar bestrafen und trotzdem die Partei wählen, gegen die der tapfere Alzheimer Seeheimer so leidenschaftlich kämpft. Oder sie wählen gar die Linkspartei!
Autoren braucht SpOn für seine investigativen Highlights übrigens nicht, der Artikel ist von “sev/Reuters/AP/dpa”. Empfehlung des fleißigen Praktikanten: “Lesen Sie mehr dazu im neuen SPIEGEL“. Gute Idee, das ist billiger als das Dominastudio und mindestens genauso schmerzhaft.
SpOn ist freilich nur die Speerspitze des Q-Journalismus, dessen Beck-Bashing ähnlich relevant ist wie der Seewetterbericht aus Sibirien. Nur die doofe TAZ läuft aus dem Ruder. Schande über Euch, Kommunistenfreunde!

Es ist schon ein widerliches Pack, das sich “demokratisch” gibt, obwohl jeder weiß, daß es das DDR-Unrechtsregime gestützt hat. Vom Mauerschützen bis zum ideologischen Verteidiger des “Schutzwalls”, der noch 1989 sagte:

Was die Mauer betrifft, so lassen wir uns nicht deren Schutzfunktion ausreden – ganz einfach, weil wir den Schutz spüren vor all dem, was hinter der Mauer jetzt an brauner Pest wuchert.

So sah Ulrich Junghanns die Welt, der noch das SED-Regime hochhielt, als die Mauer schon bröckelte. Nun ist er Landesvorsitzender seiner “Partei”, stellvertrender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister in Brandenburg.
Sein realsozialistischer Kumpel Klaus Schmotz will derweil Oberbürgermeister von Stendal bleiben. Die Parteiprominenz untersützt ihn natürlich dabei, obwohl alle wissen, daß er ein DDR-Grenzoffizier war. Die unverbesserlichen Genossen von damals schämen sich auch nicht, dem ehemaligen stellvertrenden Ministerpräsidenten der DDR zu seinem 50. Todestag eine Annonce zu widmen. “Unvergessen! Otto Nuschke”, heißt es da. Kann man mit einer Partei koalieren, die so mit ihrer Vergangenheit umgeht?
Nuschke, Schmotz und Junghanns waren bzw. sind Mitglieder der CDU. Die Übernahme der “Blockflöten” aus der DDR-CDU lief ganz stickum, und Kohl hat sich damals gefreut, eine beachtliche Infrastruktur im Osten zum Nulltarif zu bekommen. Daß die Ost-CDU stramm realsozialistisch war, mußte ihn nicht stören, schließlich waren das Schleimer par exellence, und so etwas integriert sich ganz fix. Genau so schmerzfrei wie heute sein Klon Pofalla, hat schon damals Peter Hintze mit seiner “Rote-Socken”-Kampagne vor dem Gesocks gewarnt, das längst zum Wahlverein seines Kanzlers gehörte. Natürlich unterschied er zwischen den Guten (CDU) und den Bösen (PDS), und natürlich war er schon damals nicht bereit, Fragen zu diesem dummdreisten Unsinn zu beantworten. Tatsächlich konnten CDU und FDP aus den Blockparteien der Volkskammer wohlorganisierte Claqeure des SED-Regimes übernehmen, und die PDS ging aus der SED hervor. Nur die SPD mußte im Osten ganz von vorn anfangen. Ausgerechnet der SPD aber wird noch immer von den Bürgerlichen und ihren Medien vorgeworfen, sie mache gemeinsame Sache mit Kommunisten. Das Ganze ist so offensichtlich und lächerlich, daß man es mit einem Schmunzeln abtun könnte. Schaut man sich aber an, wie hartnäckig und erfolgreich diese Lügen weiter verbreitet werden, kommt einem regelmäßig der Kaffee hoch.

Verdi-Forderung kostet Milliarden Euro“, weiß die “Sueddeutsche”. “Für 1,3 Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen” koste die von ver.di geforderte Lohnerhöhung 4,5 Milliarden Euro. Im Öffentlichen Dienst sind insgesamt 3,8 Millionen Menschen beschäftigt. Eine Lohnerhöhung kostet also “Milliarden”, und Wasser ist naß. Was mich in dem Zusammenhang interessiert, ist, wie viele Milliarden die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre im Vergleich zu angemessenen Lohnerhöhungen an Kosten eingespart hat. Was die Sueddeutsche nicht erwähnt, sind die enorm gestiegenen Steuereinnahmen, die nicht zuletzt darauf zurückzuführen sind. Die Logik dieser Taschenrechner suggeriert: Wenn die Leute gar kein Geld mehr fürs Arbeiten bekämen, hätten wir das Paradies auf Erden.
Robert von Heusinger erklärt hingegen kurz und knapp, daß eine deutliche Erhöhung der Löhne volkswirtschaftlich notwendig ist. Der Mann ist sicher Kommunist.
So weit die Zahlenspielchen. Die publizistischen Mietmännchen, die hingegen immer noch neoliberalen Kot als Schokolade fürs Volk anrühren, übersehen aber das Wichtigste: Ihre Inkompetenz ist nicht nur einfach peinlich. Während sie sich liebkind machen bei Redakteuren, die aus dem Hintern ihrer Verleger heraus dirigieren, glaubt ihnen hier draußen längst kein Mensch mehr. Aber wen interessieren schon die Leser?

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