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Juli 2007


So läßt sich die betörende Argumentation des “Energieexperten” Georg Erdmann übersetzen, der im Interview der Sueddeutschen seine Kompetenz in Sachen Volksvereimerung unter Beweis stellt:
Und eigentlich haben die jüngsten Ereignisse gezeigt, dass auch ältere Kernkraftwerke sicher betrieben werden können – obwohl die Mannschaft offenbar Unsinn produziert hat, ist für Außenstehende kein Schaden entstanden.
Ja, Vattenfall-Meiler sind preiswürdig sicher. Obwohl die schwedischen Mitarbeiter in kongenialer Kooperation mit der Sicherheitstechnik den Reaktor in Forsmark fast zur Kernschmelze gebracht haben und die Mannschaft gerne besoffen durch das Kraftwerk torkelt, ist noch nichts passiert. So sicher sind Kernkraftwerke!
Aber der Herr Erdmann hat noch mehr auf der Pfanne und zeigt sich als echter Sozialdemokrat der Atomlobby:
Die Umweltschützer haben die Klimadebatte für sich unfunktioniert und betreiben gezielt eine Politik hoher Energiepreise. Für die besser verdienende Bevölkerung ist das kein Problem…
Aha. Hohe Strompreise wollen die Umweltspinner. Weil sie viel Geld haben und gegen die Armen sind. Ehe ich dem sachlich begegne und noch einmal auf die Kosten der Kernenergie eingehe, will ich Herrn Erdmann argumentativ lieber unter Gleichen begegnen:
Sag mal, alles Müller oder was??

rad
Wie nötig Doping im Radsport ist, beweisen derzeit wieder einmal alle Beteiligten, deren intellektuelle Leistungsfähigkeit dringend der Nachhilfe bedarf. Gebt ihnen endlich die richtigen Drogen, damit sie aufwachen!
Wie ich bereits in meiner Serie zum Doping im Radsport ausgeführt habe, ist die Zerlegung des Problems in immer neue “Einzelfälle” an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Aktuell ist es Sinkewitz, der erwischt wurde, was wiederum ARD und ZDF zu einem scheinheiligen Ausstieg aus der Berichterstattung bewegt.
Es schickt sich mit Valverde gerade jemand an, die Tour de France zu gewinnen, der ein guter Kunde bei Fuentes war und somit beweisbar gedopt hat. Aber auch das ist ein Einzelfall, der nicht ins Gewicht fallen sollte. Die Heuchelei hat mit der hundertsten Auflage des “sauberen” Radsports einen weiteren Alpenpaß der Bigotterie im Visier. Das T-Mobile-Team war schon wieder sauber. Es ist sehr zu begrüßen, daß sie so schnell auf dem Boden der Tatsachen gelandet sind, denn nur so bewegt sich die Szene milimieterweise auf die unumgängliche Wahrheit zu: Alle dopen, und Doping ist unvermeidlich.
Ceterum censeo: Laßt sie dopen! Die Abwehrschlachten gegen leistungssteigernde Mittel sind ähnlich dumm wie weiland der Versuch, Spitzensportler als Amateure zu halten. Die Frage kann nicht mehr sein, wie man Doping verhindert. Wenn man die bereits eingetretene totale Unglaubwürdigkeit rückgängig machen will, wenn nicht nur noch diejenigen in den Siegerlisten stehen sollen, die zufällig nicht erwischt wurden, gibt es nur eine Möglichkeit: Eine Liste erlaubter leistungssteigernder Mittel, die verbotenes Doping unattraktiv machen. Und wenn man schon dabei ist, etwas zu verändern, sollte man alle diejenigen rausschmeißen, die seit Jahren und Jahrzehnten mit ihrer Dummheit und Heuchelei den Sport ruiniert haben. Fangt am besten mit dem Vollhorst Scharping an. Er ist das Paradebeispiel für einen, bei dem auch Hirndoping nicht mehr hilft.

Während uns Ratzingers Verein dauernd mit Moral kommt, pflegt man in dieser “Kirche” eine Mentalität, daß mir das Kotzen kommt. Wie die FTD meldet, zahlen Versicherungen allein der Erzdiözese Los Angeles 227 Millionen Dollar für die Schadensbegleichung in Fällen von Kindesmißbrauch. Weiter heißt es: “Insgesamt hat die katholische Kirche in den USA damit über 2 Mrd. $ an Entschädigungen aus Missbrauchsfällen gezahlt.”
Der jahrzehntelange, vertuschte und gedeckte Mißbrauch hat nicht etwa dazu geführt, die perverse Sexual-”moral” dieser Sekte zu hinterfragen, er hat nicht einmal dazu geführt, daß die Kleider tragenden Drecksäcke davon Abstand nehmen, die Welt über Tugend und Sittsamkeit zu belehren. Hinzu kommt, daß Millionen Menschen dieser Kirche spenden, hierzulande gar Steuern zahlen, um mit anzusehen, wie ihr Geld für Mißbrauchsversicherungen und Entschädigungen draufgeht.
Zu schlechter Letzt noch ein Hinweis: Die 2 Milliarden Dollar beziehen sich nur auf die USA und nur auf aufgedeckte Fälle, in denen Entschädigungen gezahlt werden. Wer nun glaubt, dergleichen seien unglückliche Einzelfälle, dem ist nicht mehr zu helfen.
Und jetzt, ihr Schäfchen? Reicht das langsam oder zahlt ihr immer noch Kirchensteuer?

findet sich in der unten verlinkten rtf-Datei. Eine unüberarbeitete philosophische Polemik über Wirtschaft und Gesellschaft anno 2005.

Wer sich das antun will (60 Manuskriptseiten), kann sich HIER einen runterladen.

Das Geschenk ist die Uridee der Investition. Zwar kann niemand darauf beharren, für ein Geschenk ein Gegengeschenk zu bekommen, und schon gar nicht ist damit ein Gewinnanspruch verbunden. Aber in Sozialen Systemen sind Geschenke Investitionen, die win-win-Situationen erzeugen können und Netzwerke entstehen lassen.
“Wirtschaft” ist ursprünglich soziales Handeln. Es handelt sich um die gemeinschaftliche Anpassung an die Umwelt, fürsorgliches Beschaffen und Überlebensstrategie für die Gemeinschaft.
Davon hat sich in den Restgemeinschaften, in denen ökonomischer Gewinn nicht unmittelbar die Beziehungen bestimmt, einiges Erhalten. Ein Grundelement solchen sozialen Wirtschaftens ist das Geschenk. Es stellt im Optimalfall den Beschenkten in den Mittelpunkt, seine Interessen, sein Wohlbefinden und seine Person. Schenken ist, wirtschaftlich betrachtet, purer Kundendienst. Und es zahlt sich aus, wenn es wirklich sozial ist. Jemand, der die Erfahrung gemacht hat, beschenkt worden zu sein, der daran gefallen findet, wird die schenkende Person schätzen. Es entsteht eine dauerhaft erinnerte Bindung zwischen Schenkendem und Beschenktem. Dies funktioniert freilich nicht, wenn die Schenkung ganz offensichtlich zweckgebunden ist oder eine Täuschung. Wird wertloser Plunder mit großer Geste verschenkt, womöglich im Anschein eines höheren Wertes, führt dies zur Verärgerung und zu nachhaltig erinnerter Ablehnung. Darin besteht der Unterschied zwischen Werbegeschenken oder “PR” und einer ehrlichen Gabe.
Im Wirtschaften kann dieser Sachverhalt noch heute eine Rolle spielen. Der Unterschied zwischen dem täuschenden Werbegeschenk, das auf Tausch und Gewinn aus ist, und dem echten Geschenk, liegt zuerst in der Absicht des Schenkenden. Genau diese Ebene der Absichten findet sich auch im wirtschaftlichen “Investieren”. Eine echte Investition wäre demnach ein wirtschaftlich-sozialer Akt, der darauf abzielt, nachhaltige Beziehungen zu etablieren, von denen ein möglichst stabiles Netzwerk profitiert. In Zeiten sogenannter “Globalisierung” bedeutet das immer öfter, daß ein Investor die Entwicklung der Weltwirtschaft und der Weltgemeinschaft im Blick haben sollte, wenn er die Entwicklung stabiler Strukturen im Sinn hat.
Dem diametral entgegensetzt ist das Handeln der Profiteure. Ihre Absichten gelten stets der Selbstsorge, der optimierten Aneignung. Ihre Sorge geht nicht dahin, daß stabile Netzwerke entstehen oder vergehen, sie zielen auf möglichst große Gewinne. Dadurch werden sie zu Getriebenen des Kapitals, denn mit dieser Zielsetzung geraten sie unmittelbar in den zeitlichen Druck stets aktueller Gewinne. Was heute nicht gewonnen wird, kann morgen nicht vermehrt werden.
Dem entsprechend wird der Sachzwang zur allein bestimmenden Handlungsanleitung. Soziales Handeln als solches wird zersetzt. Bindungen werden nur im Rahmen von Gewinnerwartungen eingegangen, Kommunikation vermittelt keine wahren Inhalte und zielt nicht mehr darauf ab, soziale Bindungen zu ermöglichen. Im Gegenteil ist”Wirtschaftskommunikation” PR. Sie ist ausschließlich auf Wirkung angelegt. Jeder Anspruch an soziale Kommunikation ist hier unerwünscht: Wahrhaftigkeit, Nachvollziehbarkeit, Zuverlässigkeit, Gelehrsamkeit etc. spielen keine Rolle.
Dem entspricht schließlich auch das “Menschenbild” dieser Sphäre. Es gibt keins. Man findet Konsumenten, Rezipienten, Produzenten, Auftraggeber, Human Ressources, Key ManagementAccountLoserAssistants, Shareholder, Wettbewerber und Raubkopierer, aber keine realen Menschen. Die sind immer nur bedauerliche Kollateralerscheinungen. Die Beziehung der Verantwortlichen zu solchen Individuen kennt nur zwei Formulierungen: “Mir sind die Hände gebunden” und “Mach ich’s nicht, macht’s ein anderer.”.
Der Sachzwang aber ist hausgemacht. Soziales Wirtschaften ist nach wie vor möglich, verspricht allerdings keine 25% Gewinnmarge. Jeder, der Geld “investiert” hat jederzeit die Möglichkeit zu entscheiden. Will er abgrasen oder säen? Und ist es nicht witzig: Dieselben Helden, die uns vormachen, eine Investition müßte sich mindesten soundsohoch amortisieren, stehen einmal im Jahr mit den teuren Blumen auf Mutters Türschwelle!

Die ProSiebensat.1 Media AG verspricht höhere Gewinne. [via Dean] Und zwar eine Steigerung von 22,2 % auf demnächst 25 % EBITDA. Hintergrund ist die Übernahme der SBS Broadcasting Group für rund 3,3 milliarden Euro. ProsiebenSat1 “rückt damit auf Platz zwei unter allen TV-Anbietern in der EU.”
Eine weitere Konzentration auf dem Medienmarkt, da sollte doch durch Synergien und Abbau von Verwaltung schon einiges mehr an Gewinn drin sein, und davon ist durchaus auch die Rede. Dennoch reicht die Fusion allein nicht aus. Veränderungen im Programm, etwa das verschwinden der Sat.1-Nachrichten zugunsten von noch mehr Entertainment (und Werbung) sollen die Gewinne noch mehr steigern. Angekündigt ist das ja jetzt.
Fast kann man sich angesichts solch unfaßbarer Gier den Kommentar sparen, aber es gibt da einige Feinheiten, die genauerer Betrachtung würdig sind. Die angekündigten 25% sind nämlich reine Augenwischerei. Wer ernsthaft glaubt, durch den normalen Geschäftsbetrieb ließen sich derartige Margen erzielen, hat denn Knall nicht gehört. Der Blödsinn, einen schon fast unverschämten Gewinn noch überbieten zu wollen, entspringt den grottigen Köpfen von Managern, die keine Ahnung haben, was sie tun müssen, wenn das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Die Flucht nach vorn ist verständlich. Nach einem solchen Kauf ist Gähnen in der Kriegskasse. Wenn jetzt die Aktien sinken, ist Landunter. Also erstmal das Blaue vom Himmel versprechen, dann wird alles gut.
Mal sehen, was in einem Jahr ist. Wenn die Qualitätsoffensive flächendeckend so phantasievoll angegangen wird wie bei Sat.1, wird der ganze Laden nächstes ganz sicher weiter verramscht. Leute rausschmeißen, noch mehr vom Gleichen? Dumm nur, daß man den Zuschauer nicht zwingen kann, einzuschalten. Sicher, die Nachrichten der Privaten braucht nicht wirklich jemand. Aber die Mentalität, nur aufs Geld zu glotzen und die Zuschauer zu vergessen, wird nicht aufgehen. Selbst Unterhaltung ist mehr als lustige Filmchen zeigen und Werbeeinnahmen verbuchen. Von Respekt vor dem Kunden einmal ganz abgesehen. Am besten noch ein paar dieser preiswerten Call-In-Verarschungen ins Porgramm, das rechnet sich auf dem Papier ganz prima. Das böse Erwachen kommt dann mit den Bilanzen, die ganz anders ausfallen werden, als derzeit versprochen wird.
Von daher kann man heute schon darauf wetten, daß nächstes Jahr öffentlich erklärt werden wird, man habe das Planziel erreicht. Zauberei? Ja. Dahinter wird allerdings ein böser Hokuspokus stehen, denn wer solche Margen anpeilt, verpflichtet sich damit schon vorab zur Bilanzfälschung.

Jan Schejbal argumentiert, das Widerstandsrecht sei “wertlos”, weil es de facto vor Gericht keinen Bestand hätte. Diese Perspektive halte ich für kritikwürdig. Sie blendet einen Aspekt des Grundgesetzes aus, den auch Schäuble stets außer acht läßt: Den “Geist” des Grundgesetzes.
Es mag richtig sein, daß man sich auf das Recht auf Widerstand dann nicht berufen kann, wenn es zur Anwendung kommt. Es ist aber dennoch Recht und Gesetz, und wer sich mit dem Grundgesetz auseinandersetzt, muß das berücksichtigen. Gerade das Recht auf Widerstand und gerade die fehlende Möglichkeit, es einzuklagen, ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß das Grundgesetz weder Dispositionsmasse noch konkrete Handlungsanleitung ist. Es ist ein Leitfaden, zum Teil aus gutem Grund unveränderlich und zum Teil nur im Konsens und mit 2/3-Mehrheiten zu verändern.
Dies alles schert Schäuble einen Kehricht. Er betrachtet das Grundgesetz eben nicht als das, was es ist, den übergeordneten gesetzlichen Rahmen eines demokratischen Rechtsstaates, sonders als Handlungsanweisung zur Durchsetzung der staatlichen Ordnung per se. Es kratzt ihn dabei nicht, ob er ganz allein dasteht mit seiner Meinung oder wer aus welchen Gründen wie dazu steht. Ihm gilt eine demokratische Mehrheit, zumal der Konsens der Demokraten, nichts. Er wähnt sich im Recht und glaubt, das reiche aus, um am Grundgesetz herumzupfuschen.
Gerade das aber ist die Art des Angriffs auf die Verfassung, die das Recht auf Widerstand meint. Würde sich eine Regierung mit einer solchen Haltung durchsetzen, könnte sie sich nicht mehr auf das Grundgesetz berufen. Sie wäre vielleicht noch an der Macht, sie wäre aber nicht mehr legitimiert. Der Sinn des Grundgesetzes besteht darin, die Freiheit zu schützen, nicht den Staat. Wer das ändert will, will eine andere Staatsordnung. Das ist die unmittelbare Konsequenz aus § 20 GG.

kies
Herzlichen Glückwunsch!

Muß die Jury ihre Entscheidung noch weiter begründen? Ich glaube nicht.

kleinhund Der Preisträger steht fest. Er wird sich wahrscheinlich nichts daraus machen, von einem echten Underdog ausgezeichnet zu werden, aber es läßt sich nicht vermeiden.
Er ist A-Blogger. Seit Jahren dabei, immer aktuell. Wie es sich für ein gutes Blog gehört, geht es vor allem um Politik und die Netzwelt. Allerdings nicht um die Selbstreferenz der Blogger, Anfeindungen, Beweihräucherungen und Cliquengehabe, sondern um Nützliches und Wissenswertes. Ab und an etwas über Bücher und dies und das, aber im Ganzen politisch. A-Blogger, wie gesagt, aber bei Technorati weit abgeschlagen zwischen Hunde- und Katzenblogs. Er macht sich nichts aus “Awareness”. Nicht zu fassen! Das meist unterschätzte Blog des Jahres 2007: Demnächst in diesem Kino!

Wer immer über Technorati schimpft, hat wohl Glück im Spiel bei Google. Deren Blogsearch findet mich seit über einem halben Jahr nicht. Die üblichen Erklärungen zu diesem Phänomen greifen leider nicht, zumal die Google Suchmaschine mein Blog ja problemlos findet. Mails werden natürlich auch nicht beantwortet.
Daraus sollte Technorati lernen: Einfach “BETA” draufschreiiben, und alle finden’s toll.

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