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2006


Die Welt wartet auf die barbarische Tat gegen den Barbaren. George Walker träumt derweil davon, sich in Saddams Exkrementen zu wälzen. Saddam Hussein ist tot. (Noch nicht? Oder doch schon? Who cares?) Dann sprengt mal fröhlich! Jeder nur eine Bombe! Erst die Baath-Sunniten, dann die Isdochwurscht-Schiiten, und dann vielleicht noch ein kleines Massaker, bei dem niemand mehr sagen kann, wer wen gekillt hat. Es ist an der Zeit, diese Killerspiele zu beenden. Dumm nur, daß weitere Hinrichtungen folgen werden. Ob mit oder ohne Urteil, das interessiert im Irak und den U.S.A. derzeit niemanden.

Im Übrigen bin ich dafür, daß sie aufgelöst wird.
Das Amt zur Verhütung erfolgreicher Arbeitsvermittlung treibt es wieder einmal auf die Spitze: Diesmal geht es in Fulda vor Gericht gegen die Kommunen. Die beschweren sich, daß die AA bei der Übermittlung der Daten aus dem Stellenpool noch immer mauert. Die Arbeitsangebote der Arbeitgeber, die dort erfaßt sind, sollten zuerst nicht übermittelt werden, weil die Kommunen angeblich eh besser mit den ortsansässigen Arbeitgebern vernetzt seien. Dann wurden Datenschutzgründe genannt. Schließlich, und das klingt wenigstens überzeugend, wird argumentiert, einige Kommunen “arbeiteten in ihren Jobcentern [jedoch] mit einer Software, die nicht mit dem Vermittlungssystem der BA kompatibel sei”. Daß es nur einige sind, verblüfft zwar ungemein, aber daß die Kooperation insgesamt nicht funktioniert, rückt die Sache wieder gerade. Beruhigend auch für diejenigen, die sich ungern auf Veränderungen eintstellen, ist der Sachverhalt, daß Kommunen und Arbeitsagenturen im Kampf gegeneinander weitere Ressourcen aufbieten, die dann bei der Vermittlung fehlen.
Welch ein Licht wirft das auf einen Wirtschaftsaufschwung, der trotzdem zu einer deutlichen Verringerung der Arbeitslosigkeit führt! Oder hat da wieder wer bei der Statistik Hand angelegt?

Die Druckversion der ZEIT zitiert heute Holger Burckhardt, “Studiendekan” der Kölner Universität:

Diversity kann – aus meiner Sicht der Transzendentalpragmatik – verstanden werden als plurale und entscheidungsoffene Diskursgemeinschaft, in der der Einzelne zugleich sich bestimmt und dialektisch-reflexiv vollzieht: Sowohl als Dialogsubjekt, bestimmt als sein Miteinander-Gegeneinander mit anderen personalen Intersubjekten, wie auch als Autonomiesubjekt, bestimmt als das um sich als Subjekt des Handelns, Wollens Fühlens, Denkens wissende, personale Subjekt.

Diversity als Mannigfaltigkeit von Lebenspraxen kommt damit produktiv zur Geltung, wenn sich die in ihren Mannigfatigkeiten vollziehenden Individuen und Gemeinschaften ihres Miteinander-Gegeneinanders geltungslogisch und moralisch sicher sind und wenn sie denn Diversity als Individualitäten und Vielheiten, also als Autonomie und Dialogizität mit anderen leben und teilen wollen.

Dieses semantisch und syntaktisch blutrünstige Monster eines Sprachinfarkts sagt uns viel über die Genossen Philosophen, die sich nicht nur bis zur Promotion haben terminologisch verblöden lassen, sondern darüber hinaus noch weitere fröhliche Jahre damit zubringen, jeden Begriff, dessen sie sich ermächtigen, in das Korsett ihres eindimensionalen Wichtigtuerslangs zu würgen, ohne Rücksicht darauf, ob das ein Leser oder Zuhörer noch erträgt. Hinzu kommt bei dem hier ausgestellten Exemplar eine Dimension der Sinnfreiheit, die ohne Umweg Verzweiflung auslöst, wenn man nach Inhalt sucht.

Was sagt uns das da oben? Es gibt einen Begriff, “Diversity”, den man auch schlicht mit “Vielfalt” übersetzen könnte. Herr Burckhart stellt fest, daß man alle seine nichtssagenden Lieblingsvokabeln, ein Konglomerat aus Habermas-Fetzen, gestutzten Vorsokratikern und Kleinkindergestammel, mit dem Terminus in Verbindung bringen kann, um dabei zu der Aussage zu kommen: Menschen wähnen sich als Individuen, sind aber Teil einer Gemeinschaft und erleben sich mal so, mal so. Großartig!

Untersucht man die Implikationen und leider eben nicht logischen Beziehungen der verwursteten Begrifflichkeiten etwas strenger, kommt man obendrein zu dem Schluß, daß “Diversity” etwas verdammt Unwahrscheinliches sein muß, jedenfalls, wenn es/sie “produktiv” sein soll. (Wieso soll sie das eigentlich?) Individuen (und Gemeinschaften) müßten sich schon mal “geltungslogisch und moralisch sicher sein”. (Wieso eigentlich?) Ich bin sicher: Ich war mir noch nie geltungslogisch und moralisch sicher, schon gar nicht mit Gemeinschaften, und beim besten Willen nicht unseres “Miteinander-Gegeneinanders”! Teilen will ich so etwas schon gar nicht, und sollte mir je so ein Umfug einfallen, ich würde sofort Gegenmaßnahmen einleiten.

Aber das ist alles sicher gar nicht so gemeint. Der Sinn der Sache: Fünfzehn Adepten werden das gelesen haben, dann weise genickt, und schließlich waren sie sich miteinander-gegeneinander sicher: Wir sind die Größten!

Einen tadelnden Hinweis auf die zweifelhafte Zockerei an den Finanzmärkten erlaubt sich Thomas Hammer in der ZEIT. Die Spielerei mit Derivaten, die vielleicht einmal gedacht war als Risikoausgleich, aber konsequent längst deren Gegenteil ist, ist dabei nicht der einzige Verstoß gegen das Wettmonopol des Staates. Spätestens die “FC Bayern SparKarte” hat nichts mehr mit seriösen Bankgeschäften zu tun. Aber ein Gutes hat die Sache: Wer redet noch von Arbeitslosen, wenn Wirtschaft so spannend sein kann?

Nein, nicht auf seine, obwohl er nach irakischem Recht durchaus auch damit rechnen müßte, wegen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges verurteilt zu werden. Der US-Präsident hat sich wiederholt öffentlich über das Todesurteil gegen Saddam gefreut. Das überrascht nicht, denn niemand hätte erwartet, daß ausgerechnet nut Bush irgendetwas aus dem Desaster gelernt hätte, daß sein Feldzug angerichtet hat. Selbst wenn man für die Todesstrafe wäre und sie gerecht fände, selbst wenn man den Prozeß gegen Saddam durchgängig fair fände, könnte man sich dennoch eine Minute mit der Frage beschäftigen, welche Wirkung die Hinrichtung Saddams auf die Zustände in der Region haben wird. Aber dazu bleibt den rasenden Falken in Washington D.C. offenbar keine Zeit. Sie müssen sicher schon den nächsten großen militärischen Erfolg vorbereiten.

Unglaublich! Ein 64-Jähriger Killerspieler schoß bei einem Streit um die Werkstattrechnung für sein Auto mit einer Maschinenpistole um sich. Wie es scheint, kann nicht einmal mehr Beckstein uns retten. Es ist zu spät! Ein Verbot der Mördersoftware allein wird nicht mehr reichen. Da müßte schon ein starker Mann an der Spitze des Staates stehen, der mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet wäre. Es ist zu hoffen, daß Günther Beckstein sich nicht in der Provinz aufreiben wird. Wer außer ihm könnte als Kanzler mit Sondervollmacht dieses Land noch retten?

Der beeindruckend dämliche Aktivismus vor allem der süddeutschen Behörden liefert derzeit den empirischen Nachweis, daß das Spiel “Counter Strike” tatsächlich gefährlich ist. Dabei rückt die Behauptung, es führe zu realen Gewaltausbrüchen, vulgo “Amokläufen”, zunehmend in den Hintergrund. Vielmehr führt es unmittelbar zu paranoiden Handlungen. Das Aussprechen der Vokabel “Amoklauf” oder einer ihrer Varianten in einem beliebigen Zusammenhang mit dem genannten Spiel reicht aus, um einen Großalarm auszulösen. Das reizt nicht nur Trittbrettfahrer, sondern auch Zyniker, die natürlich als erste festgenommen werden. Eine Bombendrohung würde weniger Aufmerksamkeit erregen. Vielleicht macht sich der eine oder andere in den zuständigen Behörden inzwischen Gedanken, wie man diesen Selbstläufer wieder in den Griff bekommt. Wir empfehlen erstens: Ruhe bewahren! Zweitens:Ruhe bewahren! Drittens: Schwachköpfe in Sicherheitsbehörden verbieten. Und viertens: Innenpolitiker, die die innere Sicherheit durch Alarmismus gefährden, sofort ihrer Ämter entheben!

Zum “Unwort des Jahres” taugt durchaus die Vokabel “Gutmenschen”, die nicht nur auffallend häufig in rechten oder rechtsradikalen Kreisen kursiert, sondern heute auch von der Bundesfamilienministerin ohne Not in den offiziellen politischen Diskurs eingeführt wurde. Beispielhaft für den Gebrauch des Wortes ist das Gästebuch des Anwalts Ihrwißtschonwer, der sich selbst als “Arschloch” bezeichnet, andere mit Abmahungen überzieht und dafür von seinen Claqueuren gelobt wird – sie finden “das Gejaule der Gutmenschen” “unerträglicher” als ihn. Was steckt dahinter? Der Popanz, auf den da eingedroschen wird, sind die ewigen Wollsockenträger und politically Korrekten, die immer allen den Spaß verderben. Das Ziel der Veranstaltung ist das Lob des Asozialen, Rücksichtslosen, Starken, kurz: der pure Sozialdarwinismus. Die Ironie steckt nun darin, daß die Geisteszwerge, die sich den vermeintlichen tough Guys derart anbiedern, selbst heilfroh sind, daß sie von einer noch gerade funktionierenden Zivilgesellschaft geschützt werden. Sie wären die ersten, die jaulten, wenn es vom Bösmenschen ganz konsequent was auf die Fresse gäbe. Ein wirklich guter Witz ist so gesehen das Lob des besagten Anwalts, der das Rechtssystem, von dem er lebt und in dessen Schoß seine Fans es sich gemütlich machen, aushöhlt, indem er es für niedere Zwecke nachgerade pervertiert. Ein toller Typ! Das Verständnis von Sozialverhalten, das die Anti-Gutmenschen und ihre Helden pflegen, endet sicher ganz rasch, wenn es um die eigene Haut geht. Dann ist ihnen Gerechtigkeit plötzlich ein ganz hohes Gut.

Wie schon in den Zeiten des RAF-Terrors erweist sich die “Tageszeitung” auch heute als Blatt der Helfershelfer aller Bombenleger. Anstatt zur Sicherheit dieses Landes beizutragen und die aufmerksamen Innen-und Sicherheitspolitiker zu unterstützen, verharmlost sie die Gefahr des Terrorismus’, indem sie das Risiko von Anschlägen herunterspielt. Angeblich interessiere sich in Afghanistan niemand für den “Totenschädel-Skandal”. Die Leser des Revolverblattes sollen denken, die Volksmudschahedin säßen nicht mitten unter uns und planten gar keine Anschläge auf deutsche Kinderwagen. Solch schamlos schändliches Abwiegeln macht die Aufklärungsarbeit von Monaten zunichte. Es ist zu hoffen, daß Herr Schäuble seine Anwälte in Marsch setzt und den linken Bazillen eine gut gezielte Abmahnung ins Haus ballert.

Die Inquisitoren Beckstein und Schünemann werden nicht müde, ihren Mumpitz unters Volk zu streuen, und sie stoßen leider allzu oft auf schwach argumentierende Gegner. Zwei Hauptargumente werden auch im Gespräch mit der FR nicht angemessen geschreddert: “Wenn Menschen bereits große persönliche Probleme haben, dann können Computerspiele zu einem auslösenden Faktor für eine Eskalation werden“, behauptet Beckstein. Das is blanker Unsinn und widerspricht, wenn auch geschickt kaschiert, seiner Behauptung, er argumentiere nicht monokausal. Es klingt zwar so, als berücksichtige er, daß das solche Spiele nur ein möglicher Faktor von vielen sind, es ist aber das Gegenteil: Erstens ist nicht einmal ansatzweise erwiesen, daß sogenannte “Killerspiele” überhaupt positiv zu gewalttätigen Kurzschlußhandlungen beitragen. Zweitens ist es noch weniger erwiesen, daß sie ein auslösender Faktor werden können. Niemand kann ernsthaft behaupten, jemand in der psychischen Situation eines Amokläufers hätte anders gehandelt, wenn ihm die Spiele nicht zur Verfügung stünden. Anstatt also festzuhalten, daß die Spiele nicht Ursache der Handlung sind, was Becksteins Satz ja eigentlich auch aussagt, verkehrt er den Sachverhalt ins Gegenteil.
Ein anderes “Argument” der Experten Beckstein und Schünemann sind die von ihnen wiederholt geäußerten Beschreibungen von grauenhaften Bluttaten, Folterszenen und Gewaltorgien, die ihnen in ihrer Hauruckfortbildung gezeigt wurden. Ich weiß nicht, wovon sie da reden, aber es sind ganz sicher nicht die Spiele, von denen im Zusammenhang mit Amokläufen bislang die Rede war. Solche Szenarien kenne ich aus Filmen, die zum Teil aus steuermitteln finanziert wurden, aber nicht aus Ego-Shootern.
Viel zu kurz kommt auch die zwar benannte Tatsache, daß man die Spiele in der ganzen Welt frei kaufen kann und sie zur Not eben übers Internet bezieht. Vor allem deshalb, weil Beckstein sich tatsächlich nicht entblöden kann, wiederholt den Vergleich zur Kinderpornographie herbeizuzerren. Solche Argumente sind einzig dazu geeignet, Kindesmißbrauch zu verharmlosen. Äußerst bedauerlich, daß nicht einmal der anwesende Journalist, Joachim Wille, dagegen etwas einzuwenden hatte.

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